Es war mal wieder ein Kickstarter, damals im Jahre 2019: Für zehn Euro konnte man eine kleine Spieleschmiede unterstützen, eigentlich einen Einmann-Betrieb, nämlich den von Herrn Nicolas Gocel, der sich daran machte, eine visuelle App für Tabletop Battlereports zu programmieren.
„Interessant“, dachte ich mir, „da ist nicht viel verhauen bei zehn Euro.“ Also ich: Geldbörse gezückt – virtuell, und: „Pling!“, ein halbes Jahr später kommt ein Downloadlink und seither bin ich Beta-Tester für MyMiniReport.
Heute, über ein Jahr nach Auslieferung der App (immerhin ist sie fertig geworden), bin ich immer noch Beta-Tester; nur leider gibt´s die App gar nicht mehr im Google-App-Store.
Ja, das ist nun mal eine Downside bei Kickstarter Projekten. Bei weitem nicht alle davon werden ein Erfolg, und selbst wenn, sie finanziert werden, nehmen manche Leute auch einfach das Geld der Unterstützer, in diesem Fall waren es insgesamt knapp 11.000 Euro, machen dafür das nötige Minimum und das war´s dann: „Danke für die Kohle!“
In diesem Fall muss man allerdings auch sagen, dass 11.000 Euro vielleicht nach mehr klingt, als es für die Entwicklung so einer App tatsächlich ist. Ich unterstelle Herrn Gocel einfach einmal, hier ein Liebhaberprojekt betrieben zu haben, denn mit 11.000 Euro kommt man professionell wahrscheinlich nicht wirklich weit, vor allem, wenn man davon eine Zeit lang davon leben will, und vielleicht auch noch Einkommenssteuer abführen muss.
Ich gönne ihm das Geld für die Arbeit also durchaus. Schade ist nur, dass der Support nun offenbar bereits nach eineinhalb Jahren nicht mehr existiert.
Bei mir funktioniert die App selbst aber immerhin noch, und nach der relativ langen Zeit, die sie sich nun bereits in meinem Besitz befindet, habe ich sie nun endlich auch mal hervor geholt, um einen Spielbericht zu begleiten (Gespielt: Zombicide – Green Horde).
(Auch das passiert mit Kickstartern leider oft, wenn sie dann geliefert werden: Sie liegen erst mal lange herum.)
Die App
Ziel der App ist es, einen in Comicform dargestellten Spielbericht erstellen zu können, einen sogenannten „Battlereport“, wie diese im Tabletop-Wargaming genannt werden. Das bedeutet ein Spiel mit Fotos zu begleiten und das Ganze dann mit Sprechblasen und Comicsymbolen auszuschmücken.
Das Ergebnis erinnert dann etwa an eine Foto-Lovestory und kann etwa als nette Erinnerung dienen. Wie gut die Geschichte ist, die erzählt wird, hängt letztlich dann weniger von der App selbst ab, als vielmehr von den erzählerischen Fähigkeiten des Users.
Für die Reports bietet die App nun verschiedene Grundeinstellungen, geordnet nach verschiedenen Spielen, die man begleiten kann. Dies sind Presets, die aber lediglich Einfluss auf eine Hand voll der zur Verfügung stehenden Schmuck-Icons haben, nicht aber auf das Gesamtbild. Daher macht es auch kaum etwas aus, dass nur sehr wenige Spiele Einzug in die Grundeinstellungen gefunden haben. Für alle anderen Spiele muss man sich denn eben die Mühe machen und ein Logo scannen, dieses ausschneiden etc. – oder man verzichtet etwa auf ein Spiele-Logo.
Hat man sich erst einmal für ein Setting entschieden, kann man wählen, wie viele Reihen der Comic Spielbericht haben soll, dann schlägt die App selbst eine Aufteilung in einzelne Panels vor. Diese Aufteilung kann man dann verändern, vor allem solange die Panels noch nicht gefüllt sind.
Hat man erst einmal Bilder in einer Reihe eingefügt, kann man die Aufteilung zwar immer noch verändern, aber der Inhalt der bereits gefüllten Panels geht dann verloren. Das ist schade, denn wenn man etwa am Ende einer Reihe erst bemerkt, dass die Aufteilung doch anders herum besser gewesen wäre, muss man wieder von vorne anfangen. Das Speichern / Kopieren der einzelnen fertigen Panels ist nicht möglich, das wäre noch eine tolle Funktion gewesen.
Das ist auch schon mein größter Kritikpunkt an der App:
Einzelne Panels in die Zwischenablage kopieren zu können, wäre meiner Meinung nach eine Minimalfunktion gewesen. Das würde eine Menge Frust ersparen. Denn ohne diese Funktion gestaltet sich das Erstellen eines Battlereports bei aller Handlichkeit der sonst sehr einfach gehaltenen Funktionen doch etwas mühsam. Immer wieder muss man bereits investierte Arbeit löschen, oder eben akzeptieren, dass die Gesamtaufteilung der Panels nicht ganz optimal ist. Und diese Gesamtaufteilung ergibt sich nun mal oft erst aus eben den Fotos, die während des Spiels entstehen und eingefügt werden!
Galerie als Ausweichmöglichkeit
Man kann ein Spiel aber auch einfach erst einmal mit dem Handy begleiten, also Fotos und Videos machen, und diese dann im Nachhinein auswählen und in die Panels laden. Das befreit vor allem den Spielfluss, der sonst doch ziemlich gestört ist, besonders wenn man immer auch gleich Sprechblasen anlegen und ausfüllen möchte.
Allerdings ist es bei einem längeren Spiel wahrscheinlich auch schwierig und aufwändig, den Verlauf genau zu rekonstruieren, wenn man dazu nur die Fotos in der Galerie hat. Die Timeline, in der die Fotos in der Galerie am Handy entstanden sind, ist dabei eine unersetzliche Hilfe, Notizen sollte man sich zusätzlich immer machen.
Funktionen und Grenzen
Wenn man nun ein Bild in eine Reihe geladen hat, ob nun direkt aus der Kamera oder der Galerie, dann kann man dieses drehen, vergrößern und verkleinern. Es lassen sich sogar mehrere Fotos gleichzeitig in ein einzelnes Panel laden, sodass ganze Kollagen entstehen können. Ist ein Foto aber erst einmal im Panel lässt sich allerdings nicht mehr löschen; diese Funktion existiert nur in der übergeordneten Ebene, in der eine ganze Reihe gelöscht werden kann: Wie gesagt, das ist etwas mühsam.
Man kann sich aber etwa dadurch behelfen, dass man Fotos nach außerhalb des Panels zieht oder einfach durch andere überdeckt. Das ist vom Procedere her nicht sehr schön, aber ohne Probleme machbar und fällt am Ende nicht weiter auf.
Ist man mit der Platzierung seines Bildes im Panel nun zufrieden, kann man zusätzlich einzelne Elemente einfügen: Sprechblasen, in die man auch Text tippen kann (sogar ein paar Schriftarten stehen zur Verfügung), Kabumm!-Symbole, Pfeile, Würfel, Marker etc.
Auf diese Weise entsteht schließlich eine ganze Seite im Comic-Stil, ansprechend und hoffentlich auch übersichtlich.
Export
Das Ergebnis kann man dann exportieren, und zwar als PDF-Datei, oder als Bilddatei im JPEG-Format. Das sind nicht gerade viele Möglichkeiten, aber es sollte ausreichen, um seinen Freunden ein Andenken zu schicken oder die eigenen Social-Media Kanäle zu bestücken.
Weitere Möglichkeiten
Einmal abgesehen von den paar Presets ist das Programm ziemlich offen für die Nutzung auch in anderen Bereichen. So kann man etwa auch Fotos von der letzten Familienfeier einfügen, oder tatsächlich eine Fotolovestory mit Freunden erfinden und aufnehmen. Die Möglichkeiten für Spaß und Kreativität sind hier wirklich groß!
Wenn man möchte, kann man sogar seinen Lieblingsfilm in einen Comic verwandeln! Einfach die gewünschten Frames im Player grabben, zuschneiden, einfügen, Sprechblasen etc. dazu: Fertig. (Nur zeigen darf man das Ergebnis dann leider nicht öffentlich: Achtung Copyright!)
Ein Tipp noch: Wenn möglich macht vielleicht Sinn, den Battlereport von einer dritten Person erstellen zu lassen, während man zu zweit spielt. Das befreit nicht nur das direkte Spiel vom dauernden Fummeln mit der Handykamera, es kann auch lustig sein eine weitere Person am Tisch zu haben, die das Spiel als Beobachter und Kommentator begleitet! Und wenn man ein kleines Turnier veranstaltet, können sich die Spieler ja zwischendurch dabei abwechseln Fotos zu machen: Auch das kann eine spannende und schöne Erfahrung sein.
Ich bin jedenfalls froh, dass ich die App nach Monaten nun endlich hervorgeholt habe. Ein paar schöne Stories werden hoffentlich noch entstehen, bevor der Support endgültig zusammenbricht und mein nächstes Handyupdate die Software wieder unbrauchbar zurücklässt…
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