1-4 Spieler, 60-120 Minuten, ab 14 Jahre
Modiphius Entertainment 2022; Designer: Javier Angeriz-Caburrasi, Juan Echenique u.a.
HASHTAGS: #SkyrimAbenteuer #Drachenblut #Tamriel #Himmelsrand #FusRoDah #ElderScrollsBrettspiel #RollenspielBrettspiel #EpicBoardgaming #FantasyAbenteuer #SkyrimBrettspiel #SkyrimSpielwelt #KampagnenSpiel #StoryGame #HowToPlay
Die Vorlage
Die Vorlage für den Kickstarter zu Elder Scrolls V – Skyrim – The Adventure Game aus dem Jahr 2022 ist ein echter Computerspiel-Klassiker. Von Bethesda Games Studios im Jahr 2011 für PC, PS3 und Xbox veröffentlicht, hat es sich bis heute einen festen Platz in den Herzen der Spieler erkämpft, mit stundenlanger Spielzeit, und mit einer Freiheit sich in einer riesigen Welt zu bewegen und den eigenen Charakter zu entwickeln, wie es kaum ein anderes Spiel bis dahin geschafft hat.
Das digitale Skyrim ist ein Open-World Spiel, in dem wir die Welt von Skyrim („Himmelsrand“) durchstreifen und dort immer wieder Begegnungen mit ihren Bewohnern haben: Diese geben uns Aufgaben (Quests), deren Lösung uns Erfahrungspunkte bringt, mit denen wir unsere Spielfigur dann immer weiter aufleveln können. Das Aufleveln funktioniert dabei in moderatem Tempo über einen weit verzweigten Skill-Baum, auf dem wir diverse Fertigkeiten verbessern können. Außerdem steigt dabei Gesundheit, Ausdauer und (zum Zaubern benötigte) Magika.
Das Videospiel ist unglaublich immersiv und lockt die Spieler selbst heute noch in diese Welt, denn es gibt unglaublich viel zu entdecken.
Zum Vergleich: das Brettspiel
Skyrim – The Adventure Game ist ganz klar ein Lizenz-Titel, und so haben die Macher von Modiphius Entertainment auch versucht, das Spielgefühl aus der digitalen Welt auf den Spieltisch zu übertragen, um die alteingesessenen Fans zu bedienen. Gleich vorneweg: Das funktioniert Großteils auch ganz gut.
Wir bewegen uns mit unserer Figur auf einem sehr großen Spielplan, der in eine Hand voll Provinzen eingeteilt ist, die jeweils wiederum neben einer Reihe anderer Felder ihre eigene Hauptstadt („Stronghold“) haben. Diese Karte sieht ähnlich aus wie die Weltkarte, die im Computerspiel aufgerufen wird, wenn man sich geographisch orientieren will: ein sofortiger Wiedererkennungseffekt.
Dazwischen gibt es noch Wildnis-Felder, Bergwerke, Ruinen, Tempel etc.; alles Felder, die wir besuchen können, mit der Symbolik der digitalen Vorlage.
Wie funktioniert Skyrim als Brettspiel?
In unserem Spielzug ziehen wir immer zuerst eine Eventkarte, und anschließend laufen wir mit unserer Figur bis zu vier Felder weit auf der Weltkarte (oder Reisen gegen Bezahlung von Stronghold zu Stronghold). Je nachdem auf welcher Art von Feld wir landen, können wir nun entweder Begegnungskarten ziehen (auf Wildnis- und Stronghold-Feldern), die uns dann meist mit Quests versorgen, kämpfen (etwa in Minen, Ruinen oder alten Tempeln), oder Quests erfüllen, die wir zuvor schon erhalten haben.
Neue Quests ziehen wir gemäß des aktuellen Kartentexts aus der großen Kartenbox, in der mehrere hundert nummerierte Karten auf ihren Einsatz warten: Sie enthalten die Geschichten, die wir erleben können, die kleinen Quests und auch die großen Story-Bögen im Spiel. Die Story nutzt also eine Mischung aus Bewegung auf dem Spielbrett und Choose-your-own-Adventure.
In den Strongholds können wir dann außerdem einkaufen und durch Schmieden oder Verzauberungen unsere Ausrüstung verbessern.
Für die Erledigung von Quests erhalten wir Erfahrungspunkte (EP) und sammeln Loot ein. Es gibt dafür eine Reihe von Loot-Decks mit unterschiedlich wertvollen Schätzen, die wir je nach besiegtem Gegner / erfüllter Quest erhalten können.
Unsere EP können wir zum Aufleveln ausgeben, wobei wir jedes Mal, wenn wir aufsteigen, eine neue Skill erlernen und außerdem eine unserer Grundeigenschaften (Gesundheit, Ausdauer und Magica) um einen Punkt erhöhen dürfen.
Skills und Kämpfe
Die Skills verbessern unsere Chancen im Kampf und helfen bei der Bewältigung von Quests, denn sie erlauben uns, bei den Skilltests mehr Würfel zu werfen bzw. mehr Karten zu ziehen.
Denn gekämpft/geprobt wird im Spiel mit einem einfachen Würfelsystem, wofür man zunächst einmal immer drei Würfel zur Verfügung hat, das ist das Minimum. Waffen, Ausrüstung, Fähigkeiten und Fertigkeiten geben uns dann weitere Würfel dazu.
Hat unser Charakter nun also eine Kampfbegegnung, so ziehen wir entweder (nach einem vorgegebenen Schlüssel) Karten von einem der fünf Begegnungsdecks (hier gibt es Monster, Tiere, Menschen und andere Wesen und Konstrukte), oder wir nehmen eine in der Quest angegebene, nummerierte Karte aus der Kartenbox.
In jedem Fall legen wir die gezogene(n) Karte(n) vor uns aus, sie stellen nun den Gegner dar.
Neben der Abbildung des Gegners steht sein Verhalten auf der Karte: Ein Würfelergebnis mit zugehörigem Effekt steuert den Gegner, das ist eine sehr einfache KI. Am linken Rand legen wir außerdem wie angegeben farbige Würfel aus: Sie stellen die Gesundheit und Rüstung des Gegners dar.
Gekämpft wird nun wie gesagt mit Würfeln:
Ein einzelner roter Würfel bestimmt zunächst den Angriff des Gegners. Dann wählen wir selbst unsere Aktion aus den Möglichkeiten aus, die uns zur Verfügung stehen. Sie werden hauptsächlich durch unsere Sonderfähigkeiten und unsere Ausrüstung bestimmt, also durch unsere Waffen oder Zaubersprüche.
Auch hier geben die Karten vor (wie bei den Gegnern), welches Würfelergebnis wir brauchen, und welchen Effekt wir damit auslösen.
Wir suchen uns also eine dieser Möglichkeiten zum Angreifen oder Verteidigen aus, werfen unsere Würfel, und wenn wir das benötigte Symbol gewürfelt haben, ist der Angriff geglückt. Der entstehende Schaden reduziert direkt die Rüstung und damit zugleich die Lebenspunkte des Gegners.
Verpatzte Würfe können wir eventuell auch noch retten, indem wir Ressourcen ausgeben, wenn wir sie haben, oder wenn wir uns weiter erschöpfen.
Besiegte Gegner geben uns den Loot, der unten auf ihrer Karte angegeben ist. Außerdem dürfen wir, wenn ein Dungeon gesäubert ist, zusätzlich eine Gegenstandskarte ziehen: Das ist dann der Schatz, den wir darin gefunden haben.
Weitere Mechaniken
Zu Beginn jedes Spielzuges werden, wie erwähnt, Event-Karten gezogen. Diese betreffen meist das Spielfeld selbst und damit alle Spieler, sie können aber auch globale Quests enthalten oder eine Geschichte vorantreiben.
Außerdem sind auf diesen Karten sogenannte Threat-Symbole („Bedrohung“) abgebildet:
Die entsprechend ausgelegten Bedrohungsmarker dienen als Timer im Spiel und zwingen uns, Quests auch abzuschließen: Erreicht die Anzahl der Threat-Marker auf der Karte das rechts oben angegebene Limit, verfällt die Quest und wird als gescheitert gerechnet. Auch die Strongholds können Threat erhalten; nimmt diese hier überhand, können wir zum Beispiel etwa den Markt nicht mehr besuchen, oder wir können sie gar nicht mehr betreten.
Threat muss also gemanagt warden.
Die Quests
Zunächst erhalten wir eine Hauptquest entsprechend dem Kapitel, das wir gerade beginnen. Diese Quest müssen wir schaffen, um das Spiel zu gewinnen und das Kapitel abzuschließen. In der Grundbox sind zwei Kampagnen enthalten, die jeweils aus drei Kapiteln bestehen.
Daneben erhalten wir durch Begegnungen und Events immer wieder persönliche Quests, die wir erfüllen sollten. Das Spiel skaliert, sprich, die Gegner werden immer stärker, und wir sollten daher auch versuchen, immer wieder aufzuleveln. Und Quests sind eine hervorragende Quelle für EP.
Gewinnen und verlieren
In Skyrim dreht sich die Welt auch dann weiter, wenn wir eine Quest mal nicht geschafft haben, und zwar selbst, wenn es die Hauptquest ist. Es ändert sich dann lediglich der Fortgang der Geschichte, und das auch über die Kapitel und selbst über die aktuelle Kampagne hinweg, und das ist einfach großartig!
Wirklich verlieren kann man das Spiel eigentlich nur, indem man stirbt: Ist der Charakter einmal tot, muss man sich zumindest einen neuen bauen. Spielt man in einer Gruppe, kann man sich dieser also erneut anschließen und die Welt weiter erkunden.
Im Solo-Spiel muss man an dieser Stelle eigentlich wieder von vorne anfangen.
Freie Zeiteinteilung für Abenteurer
Abgesehen von der Threat-Mechanik, die uns motiviert, erhaltene Quests zu erfüllen, bleibt es uns weitgehend freigestellt, was wir in Skyrim machen wollen: Wir können uns durch verschiedene Dungeons hacken oder die Strongholds mit ihren Märkten besuchen. Wir können aber auch in der Wildnis umherstreifen und dort Begegnungen erleben. Wir können auch unsere Quests zielgerichtet und direkt verfolgen, oder weite Umwege gehen und neue Quests eröffnen.
Das Spiel gibt uns in Form der Hauptquest dabei immer eine Hand voll Ziele vor, aber wann wir sie erfüllen, wie wir unsere EP erreichen, und wie wir unsere Figur entwickeln, bleibt vollkommen uns überlassen.
Diesen Aspekt fängt das Brettspiel im Vergleich zum Computerspiel denn auch wirklich perfekt ein. Und doch hat man durch die Threat-Mechanik noch ein bisschen mehr Anreiz als in der Vorlage, die Hauptquest auch wirklich zu verfolgen und nicht in der Gegend herumzustrawanzen.
Das Spielegefühl
Die Welt von Skyrim ist auch im Brettspiel riesig, und die Geschichten, die wir darin erleben können, sind unglaublich vielfältig. Es steckt alles drin in diesem Spiel: Wir können den Keller einer alten Frau von Ratten säubern, wir können aber auch in den Aufstand der Sturmmäntel gegen das Kaiserreich eingreifen: Die Bandbreite an Abenteuern ist wirklich groß.
Gekämpft wird dabei jede Menge: Nicht nur die Dungeons direkt auf dem Spielbrett laden zum Schnetzeln ein, auch die Quests verlangen immer wieder Kämpfe von uns.
Überhaupt sind das meiner Meinung nach die ganz großen Pluspunkte bei diesem Brettspiel: Durch seine Vorlagentreue holt es vor allem die Kenner der Welt ab lässt sie neue Geschichten erleben.
Das ist zugleich aber auch der Grund dafür, warum ich von dem Spiel nun doch nicht so restlos begeistert bin:
Man merkt dem Spiel einfach an, dass es eine treue Umsetzung zu sein versucht, und im Bemühen, das zu schaffen, haben die Entwickler leider ein paar wichtige Details verpatzt, die ein wirklich gutes Geschichten-Brettspiel eigentlich ausmachen.
Kritik
Bei aller Einfachheit der Spielmechaniken – und das Spiel ist wirklich nicht kompliziert – schafft es das Spiel doch nie, dass man als Spieler wirklich in die Welt von Skyrim eintaucht. Woran liegt das?
Es liegt zuallererst schon mal am Spielplan: Die Grafik dient im Computerspiel dazu, sich einen geographischen Überblick zu verschaffen. Als Spielbrett funktioniert das zwar mechanisch, weil aber immer nur Symbole abgebildet sind (für Ruinen, Dungeons etc.) und die Orte, die man besucht, ist es dem Spieler fast nicht möglich, sich die Umgebung vorzustellen, in der er sich bewegen soll. Es ist eben immer nur das Symbol für „Wildnis“ oder „Stadt“, auf das man seine Spielfigur stellt.
Der Unterschied ist ähnlich wie bei Google Maps die Satelliten-Ansicht im Vergleich zur Plan-Ansicht: Die Übersichtlichkeit steht dem Gefühl „dort zu sein“ deutlich im Weg: von Immersion keine Spur.
Das komplette Fehlen von Bildern setzt sich auf den Questkarten fort. Außerdem sind auch Flavour-Texte, die uns durch die Welt führen und uns die Aufgaben näher bringen sollen, minimal kurz gehalten. Hier ist kein Wort mehr als nötig aufgedruckt, kein Adjektiv zu finden, das die Welt oder die Personen beschreiben würde, mit denen wir interagieren. Auch hier herrscht beim Thema Eintauchen in die Welt Fehlanzeige.
Das ist eine verpasste Chance, die ich ehrlich gesagt auch nicht verstehe. Immerhin sind die Gegnerkarten mit den Abbildungen unserer Gegner ausgestattet: Juhuu! Auch wenn es nur lieblos aus der digitalen Welt importierte Screenshots sind, es gibt sie immerhin.
Ansonsten fehlen an allen Ecken und Enden die Bilder, und Grafiken sind nur vorhanden, wo sie spielmechanisch nötig sind. Es fühlt sich an, als würde man das Gerüst eines Spiel vor sich haben, ein Gerippe, dem das Fleisch und die Haut fehlen.
Skyrim auf dem Computer zu spielen ist ein immersives, dreidimensionales Erlebnis. Skyrim auf dem Spielbrett zu spielen ist im Gegensatz leider weitgehend eine trockene, flache und abstrakte Angelegenheit.
Und das verstehe ich wirklich nicht, das ist unnötig und faul von den Herstellern.
Wenn man es schon schafft, für die Gegnerkarten und die Gegenstände Screen-Shots aus dem Computerspiel herzunehmen, warum macht man das nicht auch für die Questkarten, wo es so viel wichtiger wäre? Es kann doch wirklich nicht so schwer sein, zum Beispiel ein Bild von Whiterun auf einer Questkarte einzufügen, die in Whiterun zu erfüllen ist. Das würde so viel mehr im Kopf machen als allein der Name des Ortes und ein Symbol…
Das Regelbuch
Die Regeln zum Spiel sind für die Größe und Menge an Spiel, das man hier erhält, wirklich nicht kompliziert. Aber auch das Regelbuch wirkt schlampig zusammengestellt, ja es wirkt, als wäre es von einer KI geschrieben worden, wie ein gefälschter Schulaufsatz.
Die groben Züge der Spielmechaniken sind einfach genug erklärt, wenn auch immer wieder mit unnötigen Wiederholungen und häufig schwammig ausgedrückt. Geht es aber dann um die Details, dann fehlen zum Teil wichtige Infos, oder sie sind in einem Abschnitt, in dem man sie nicht erwartet, unter einer Menge Wischi-Waschi so gut versteckt, dass man eine Lupe braucht, um sie zu finden.
Eine Hilfe ist hier wieder einmal die BoardGameGeek-Seite, die ich hier auch gleich mal verlinkt habe. Aber so sollte das doch nicht sein! Wenn ich ein Spiel kaufe, dann erwarte ich, dass ich die Regeln lesen und das Spiel verstehen kann, ohne dass ich zehnmal in einschlägigen Foren im Internet nachlesen muss. So etwas ärgert mich.
Nochmal zum Kampfsystem
Gekämpft wird viel in Skyrim, sowohl in der digitalen als auch in der analogen Version. Das Computerspiel läuft in der 3D-Perspektive (wie in Ego-Shootern). Das wirkt grundsätzlich schon dynamisch und man schwitzt bei den Kämpfen auch schon mal, wenn die Gegner härter werden.
Im Brettspiel fehlt auch hier wieder jede Spannung. Es werden die immergleichen Würfel geworfen, man schiebt die farbigen Marker auf der Gegnerkarte hin und her, und am Schluss hat man den Kampf meist gewonnen, oder man verliert ihn und das Spiel ist aus. Relativ schnell stellt sich denn auch Monotonie ein, wo es um Leben und Tod gehen sollte.
Auch dieser Punkt ist nicht gerade vom Eintauchen in die Spielwelt geprägt.
Fazit
Was bleibt, ist trotzdem ein großes Spiel mit großen Ambitionen und mit viel Inhalt. Freunde der Spielwelt können mit den Namen der Orte auf dem Brett Erinnerungen an frühere Erlebnisse verbinden und so sicher auch einen Mehrwert aus den trockenen Quest- und Eventkarten ziehen.
Und die Art und Weise, wie die Hauptstory über die Kapitel hinweg gewebt ist und sich sogar über die erste in die zweite Kampagne des Grundspiels weiter erstreckt, das ist schon faszinierend. Und deshalb habe ich das Spiel auch immer noch auf meinem Spieltisch aufgebaut: Es gibt hier einfach noch so viel zu entdecken, und das motiviert dann doch immer wieder.
Aber wenn ich das Spiel dann wieder spiele, fallen mir auch immer die zahlreichen Mängel auf. Und dann ärgern mich auch wieder die vielen verpassten Chancen, denn das Spiel hätte wirklich großartig sein können.
Leider wäre sowohl graphisch als auch textlich hier deutlich mehr drin gewesen.
Und seit neuestem gibts auch ein Review von mir auf Youtube, zur Vertiefung quasi:
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