Designer: Marc André; One for All 2025
1-4 Spieler, 120-240 Minuten, ab 13 Jahre
Wieder mal ist ein Kickstarter Spiel ausgeliefert worden und angekommen. Nur diesmal liegt es nicht ewig rum, bis ich es auspacke… Im Gegenteil:
Ich habe die Schachtel geöffnet, die Regeln gelernt und losgespielt!
Und hier ist mein Bericht dazu…
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Überblick
Soul Raiders ist ein Geschichtenspiel, das typische Elemente von Choose your own Adventure-Games mit Exploration auf einem sich entwickelnden Spielfeld und einfachen Monsterkämpfen kombiniert.
Die Box enthält eine Tutorial-Mission, die relativ schnell zu spielen ist, und die sowohl in die Story einführt, als auch Einsteigern die Spielregeln näher bring. Die Kampagne selbst besteht dann aus aus drei Kapiteln, die in einer eigens kreierten Fantasy-Welt spielen.
Wir als Spieler sind in der Geschichte die namengebenden Soul Raiders, eine Gruppe von magiebegabten Kriegern, deren Aufgabe es ist, die Welt vor dem hereinbrechenden Dunkel zu beschützen.
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Einstieg
Das Erste, was auffällt, ist die Größe der Box: Soul Raiders ist zunächst kein kleines Spiel.
Den Großteil des Inhalts und des Gewichts der Schachtel machen dabei die Karten aus, die in verschiedenen Größen und Formen zuhauf vorhanden sind. Das Box-Insert bietet genug Platz und Ordnung für alle Komponenten, sodass nach dem Auspacken einem schnellen Spielstart nichts im Wege steht.
Wer seine Spielkarten schützen und sie in Kartenhüllen stecken will, sollte allerdings zu wirklich eng anliegenden Sleeves greifen, denn sonst kann es im Plastikeinsatz schon mal etwas eng werden…
Tableaus und Tokens sind alle aus dickem Karton, hergestellt; das Haupttableau, auf dem Bedrohungsgrad und Lebenspunkte („Vitae“) getrackt werden, ist angenehm groß und mit Aussparungen versehen, sodass während einer Partie auch nichts verrutschen kann.
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Spielregeln
Das Regelheft ist – wie alles andere in diesem Spiel – schön und sauber aufbereitet und im Großen und Ganzen auch gut nachvollziehbar. Was leider fehlt, ist eine Schnellübersicht über den Rundenablauf, die den Spieleinstieg auf jeden Fall noch weiter erleichtern würde.
Ich habe deshalb auch gleich eine solche Übersichtskarte gebastelt – die findet ihr am Ende dieses Artikels zum Download.
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Eine Runde besteht dabei aus drei Phasen, nämlich einer Vorbereitungsphase, einer Aktionsphase und einer Reaktionsphase:
- Vorbereitungsphase:
Hier werfen wir zunächst etwaige abgelaufene Effekte von unserem Spielertableau ab, und ziehen dann Handkarten für die neue Runde. Deren Anzahl hängt vom aktuellen Bedrohungsgrad ab (ersichtlich auf dem Haupttableau).
- Aktionsphase:
Das ist der Hauptteil des Spiels: Wir interagieren mit dem Spiel, indem wir unsere Handkarten ausspielen um verschiedene Aktionen durchführen zu können. Eine Aktion erfordert dabei immer mindestens eine Karte, die Karten können aber auch kombiniert werden, um schwierigere Aktionen zu ermöglichen.
Auf diese Weise können wir uns von Ortskarte zu Ortskarte bewegen und so die Umgebung erforschen, mit bestimmten Story-Elementen interagieren, sowie gegen Monster kämpfen, die immer wieder mal auftauchen.
- Reaktionsphase:
Am Ende der Runde reagiert das Spiel auf unseren Spielzug:
Wir erleiden Stress, ausliegende Monster greifen uns an, und dann werden noch etwaige Effekte ausgelöst, wenn sie auf der aktuell von einem Helden besetzten Ortskarte vorhanden sind.
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Dann beginnt auch schon die nächste Runde.
Ortskarten
Das eigentliche Herzstück des Spiels sind die Ortskarten, von denen zu Spielbeginn immer nur ein paar wenige ausgelegt werden. Sie sind wunderschön gestaltet und geben den Spielern ein gutes Gefühl davon, wo sie sich gerade befinden.
Auf jeder dieser Ortskarten sind (durch Pfeile) weitere erreichbare Orte angegeben, die wir im Lauf der Partie auf- und entdecken können. Außerdem hat jede Ortskarte immer zwei Seiten: eine A-Seite, mit der sie ins Spiel kommt, und eine B-Seite die durch bestimmte Umstände aufgedeckt werden kann.
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Manchmal können wir die Karte beim Betreten des jeweiligen Ortes auch einfach so umdrehen, meist aber muss erst etwas geschehen, das die B-Seite einer Karte freischaltet. Auf diese Weise können die Spieler zum Beispiel Geheimgänge entdecken, Fahrstühle benutzen oder Verstecke finden, aber etwa auch Fallen auslösen und andere missliche Umstände heraufbeschwören.
Außerdem befindet sich meist auch eine Reihe von Symbolen auf diesen Ortskarten, die für bestimmte Spieleffekte stehen.
So können zum Beispiel Monster erscheinen und angreifen, oder die Spieler aufgefordert werden, Storykarten vom Storydeck zu ziehen, die ihrerseits wiederum gewisse Effekte haben können…
Diese Spieleffekte treten entweder beim Betreten eines Ortes in Kraft, oder aber wenn sich am Ende der Reaktionsphase ein Held auf dem Ort befindet.
Spielziel
Soul Raiders ist ein Geschichtenspiel im besten Sinne des Wortes: Wir erleben eine Geschichte, die sich bis zu einem gewissen Grad abhängig von unseren Entscheidungen entwickelt, die aber doch auch in gewissen Bahnen verläuft. Das alles fügt sich dann zu einem Gesamterlebnis zusammen.
Wohin die Reise geht, ist den Spielern dabei zu Beginn noch nicht klar, und das soll an dieser Stelle auch nicht gespoilert werden.
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An gewissen Punkten aber können die Spieler „Sterne“ erhalten, die auf bestimmten Storykarten abgebildet sind, und diese stellen im Grunde auch das mechanische Spielziel dar: Die roten Sterne eines Kapitels gefunden zu haben bedeutet, dass man am Ende den Abschnitt „Sieg“ lesen darf – der selbst in den Kapiteln 1 und 2 wiederum als Vorbereitung auf das nächste Kapitel dient.
Daneben gibt es auch noch schwarze Sterne, die in den einzelnen Kapiteln an gewissen Punkten gefunden werden können. Diese geben den Spielern am Ende eventuell Boni für die folgenden Kapitel.
Das Spiel endet aber in jedem Fall spätestens, wenn die Lebenspunkte auf der „Vitae“-Leiste Null erreicht haben oder wenn der Bedrohungsgrad zu hoch gestiegen ist. Die gefundenen Sterne entscheiden dann eben über Sieg oder Niederlage.
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Orte erkunden
Die Ortskarten aufzudecken macht den großen Reiz dieses Spiels aus: Wir erforschen so unsere Umgebung und entdecken die Welt.
Die Storykarten, die wir an gewissen Stellen im Spiel ziehen, vertiefen dieses Erlebnis und geben unserem Erkundungsdrang einen weiteren Anreiz. Weil wir pro Spieldurchgang immer nur einen Teil dieser Karten sehen, und jede Partie mit ihren Entscheidungen einen anderen Verlauf nimmt, hat dieses Spiel trotz seiner Begrenztheit auf drei Kapitel einen ganz guten Wiederspielwert.
Bei unseren Durchgängen kommt werden wir aber auch immer wieder in Kämpfe verwickelt: Monster tauchen auf – teils gescriptet, teils zufällig – und zwingen uns, sie entweder zu bekämpfen oder vor ihnen zu fliehen. Manche Monster verfolgen uns dann sogar über mehrere Ortskarten hinweg…
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Kämpfe
Während unsere Helden auf dem Spielfeld in Form von Miniaturen herumlaufen, begegnen uns die Gegner in Form von Karten, die wir besiegen müssen.
Zunächst legen wir dazu die Monsterkarten vor uns aus. Sie haben manchmal gewisse Sonderfähigkeiten (verhindern zum Beispiel das Benutzen von Magie), immer mindestens einen gewissen Stärkewert und wenn sie besiegt werden, geben sie den Spielern manchmal auch bestimmte Boni.
Die Kämpfe selbst fechten wir als Aktionen wiederum mit Hilfe unserer Handkarten aus: Wir können diese Karten – genau wie bei Bewegungsaktionen auch – unter gewissen Voraussetzungen so kombinieren, dass wir möglichst hohe Werte erhalten, die wir dann gegen die Stärkewerte der Monster verrechnen.
Das ist prinzipiell simpel und auf diese Weise können wir auch mal mehrere Monster mit einer Kampfaktion loswerden, wenn wir noch genug Karten auf der Hand haben. Haben Gegner allerdings mehr als einen einzelnen Schild, dann braucht es auch mehr als eine Aktion, um sie zu besiegen…
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Spielgefühl
Das Entdecken der Story und der Welt mit all ihren Geheimnissen macht großen Spaß! Und dabei dauert eine Partie Soul Raiders gar nicht lange!
Weder die Storykarten noch die Ortskarten sind mit Text überfrachtet und geben doch genug Informationen, um eine Stimmung zu erzeugen. Vielmehr sorgen die hervorragenden Grafiken auf den Karten hier für die nötige Unterstützung, um das Spielerlebnis rund und immersiv zu machen.
Die eingebauten Timer im Spiel – unsere Vitae-Leiste und die Bedrohungsleiste – sorgen zudem dafür, dass wir uns nicht ewig mit dem Herumschlendern in der Umgebung aufhalten, sondern unser Ziel stets im Auge behalten:
Sind nämlich einmal zu viele Monster auf dem Spielbrett, oder ist ein Alarm ausgelöst, dann schwindet unsere Lebensenergie rasant dahin!
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Einwände
Das Spiel ist ein Kickstarter-Spiel, was bedeutet, es wird wahrscheinlich nicht im normalen Handel erscheinen. Um es zu bekommen, sollte man sich auf dem sekundären Markt umschauen: Ebay, Willhaben, oder andere 2nd Hand-Plattformen bieten sich an.
Wer das Spiel sein Eigen nennt, der muss aber unbedingt auf zwei Umstände hingewiesen werden:
- Die Lieferung enthält nicht so viele Umschläge für „alternative Orte“ wie im Regelheft angegeben. Das ist ein Produktions- bzw. Verpackungsfehler, und auf BGG wird hier Abhilfe geschaffen, indem es die fehlenden Karten zum Download gibt.
- Und in Kapitel 2 hat sich ein Fehler auf Karte 29 eingeschlichen, der dazu führen kann, dass man in einer Sackgasse landet, aus der man nicht mehr raus kommt! Auch diese Karte kann man sich auf BGG in korrigierter Fassung holen, und das sollte man auch tun!!!
Weil ich selbst in diese Falle getappt bin, habe ich auch gleich ein Video zu diesem Thema gemacht: Es kommt schließlich öfter vor, dass sich bei Kickstartern Fehler einschleichen.
Wenn euch dieses Thema interessiert, das Video findet ihr hier, wenn es fertig ist:
Gesamteindruck
Ich war nach dem Öffnen der Spielschachtel etwas erstaunt, dass die Spielzeit der drei Kapitel, aus denen die gesamte Geschichte von Soul Raiders besteht, mit etwa 120-240 Minuten pro Kapitel angegeben ist.
Mein erster Gedanke war: Eine Mini-Kampagne in einer verhältnismäßig großen Box?! Wie viel Spielwert steckt tatsächlich in der Schachtel, wenn andere Kampagnenspiele vergleichsweise viel mehr Spielzeit versprechen?
Dann aber war ich zunächst sehr positiv überrascht davon, dass sich die einzelnen Partien – die Kapitel – tatsächlich in kurzer Zeit spielen lassen! Das ist endlich mal ein Geschichtenspiel, in das man nicht mehrere Wochen investieren muss, um einen Story-Bogen durchzuspielen! Dieses Spiel lässt sich tatsächlich locker in ein paar Tagen durchspielen – vorausgesetzt, man überlebt und man bleibt nicht irgendwo in der Story hängen!
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Und dafür gibt es leider neben den offenkundigen Produktionsfehlern eine Menge Gelegenheiten.
Dafür ist dann wenigstens ein gewisser Wiederspielwert vorhanden, nicht wahr?!
Und hier bin ich leider auch nicht ganz so sicher:
Natürlich kann man in mehreren Durchläufen die Story auf unterschiedliche Weisen erleben, verschiedene Wege zum Ziel ausprobieren und etwa versuchen, möglichst viele Sidequests (schwarze Sterne) einzusammeln. Das wäre dann der Erkundungs- bzw. ein Beat-your-own-Score- Mehrwert, der durchaus im Spiel vorhanden ist.
Die Grundstory aber verläuft dann doch etwas linear, und hat man diese erst einmal erlebt, dann ist das Entdeckungserlebnis großteils verbraucht. Ob man sich anschließend trotzdem wieder in diese Welt begeben möchte, muss jeder für sich entscheiden. (Filme kann man schließlich auch mehrmals anschauen…)
Ein weiterer Punkt, der noch erwähnt werden soll, ist das Kampfsystem.
Dieses ist gar nicht kompliziert und unterstützt das hohe Spieltempo: Es müssen keine Minis oder Pappaufsteller hervorgekramt werden, die man dann sowieso gleich wieder wegräumt, weil die Kämpfe ratz-fatz wieder vorüber sind. – Aber das Abhandeln dieser Begegnungen selbst ist doch etwas gewöhnungsbedürftig, weil es wirklich rein mathematisch stattfindet.
Die Monster und Gegner sind im Spiel im Grunde nicht mehr als eingebaute Zeiträuber, die es möglichst schnell zu überwinden gilt, damit wir das Ende der Story erreichen können, bevor der Timer ausläuft.
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Das ist nicht weiter schlimm, es fördert das einfache Kopfrechnen und gibt den Spielern interessante Entscheidungsmöglichkeiten, welche Karten sie etwa für andere Aktionen aufbehalten wollen, und welche sie tatsächlich zu einem Kampf beitragen möchten.
Das ständige Kopfrechnen ist nur nicht gerade immersiv.
Ich finde dieses Spiel eine tolle, erfrischende Abwechslung im Meer der endlosen Kampagnenspiele, und wer mit dieser Art von Spielen grundsätzlich etwas anfangen kann, der sollte sich Soul Raiders auf jeden Fall näher anschauen!
Dafür, dass das Spiel trotz ewiger Entwicklungszeit (Zwischen Kampagnenstart im Sommer 2021 und Auslieferung Anfang 2025 lagen über 4 Jahre!) ist das Spiel dann aber auch nicht ganz billig. (Ich habe für Kampagne und Versand insgesamt immerhin über 100 Euro bezahlt.)
Von mir gibt´s daher mit den vorweg genannten Kritikpunkten nur eine eingeschränkte Empfehlung…
Downloads
Und hier ist noch die versprochenen Links zur Karten-Korrektur und meiner Spielphasen-Übersicht:
- Korrigierte Karte 29 für Kapitel 2: https://drive.google.com/drive/folders/1LKMP_NUfDeU-DrJsEWZg9OsgpUEFXGU9
- Spielerhilfe:
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