Hobby-Zone Reihe: Malgrundlagen, Folge 7
Bemalung für Tabletop Miniaturen auf gehobenen Standard am Beispiel eines Leman Russ Exterminator des Astra Militarum (Warhammer 40k, Games Workshop)
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Ist die Bemalung einmal soweit fertig, dass unser Modell schön sauber und wie frisch aus der Waschstraße wirkt, könnten wir es eigentlich so lassen und in die Vitrine stellen: blitzblank und makellos. Da spricht eigentlich nichts dagegen – „eigentlich“.
Manchmal möchten wir aber mit einem Modell erzählen, dass es sich in Gebrauch befindet, dass es eine Geschichte hat. Im heutigen Beispiel hat der imperiale Panzer vom Typ Leman Russ (Astra Militarum, Warhammer 40k ) bereits dutzende von Schlachten geschlagen und sollte daher entsprechend mitgenommen aussehen.
Die Geschichte
Wie immer ist auch für die Verwitterung unser Ausgangspunkt die Frage: „Was bisher geschah?“
In verschiedenen Schlachten hat der Panzer eine Menge Schrammen abbekommen, beim Fahren ist Farbe abgeplatzt und wahrscheinlich hat er auch das eine oder andere Einschussloch abbekommen.
Auch das gedachte Untergrundmaterial ist wichtig, aus dem der Panzer besteht. Ich habe mich entschieden, den Panzer dem 40k-Standard entsprechend aus Plaststahl gefertigt anzunehmen. In meiner Fantasie rostet dieses Material nicht, weshalb ich in diesem Projekt gänzlich auf Rost verzichtet habe.
(Rost lässt sich im Allgemeinen relativ einfach durch Braun- und Orange-Töne darstellen. Dazu wird es wohl mal einen eigenen Artikel geben.)
Einschusslöcher
Physische Deformationen wie letztgenannte Einschüsse lassen sich maltechnisch zwar auch herstellen, im Idealfall werden diese aber bereits in der Modellbauphase vorbereitet. Das ist hier nicht geschehen, wir bringen sie daher jetzt rein farblich an:
Ich such mir die Stellen aus, wo Geschoße aufgeschlagen sind – in diesem Fall einfache ballistische Kugeln – und bringe zuerst einen schwarzen Punkt an. Von diesem aus male ich ein paar strahlenförmig abgehende Streifen, die Auswirkung des Auf- und Abpralls. Da die Bemalung an dieser Stelle abgeplatzt ist, kommt der Plaststahl zum Vorschein: Ich übermale den Punkt und die Streifen unregelmäßig mit Silber / Metallfarbe. Und in die Mitte kommt vielleicht wieder ein winziger schwarzer Punkt, der die Vertiefung des Einschusses darstellt: Fertig.
Abgeplatzte Farbe
Ähnlich wie die Einschusslöcher stellt man abgeplatzte Farbe am einfachsten her, indem man erst Schwarz und dann Metallfarbe aufträgt. Das Schwarz sorgt dabei für den plastischen Eindruck von Tiefe, die Metallfarbe suggeriert das Untergrundmaterial. Um ein möglichst authentisches Ergebnis zu erzielen, verwendet man dazu am besten die sogenannte Schwammtechnik:
Keine Angst, diese Technik ist wirklich ganz einfach!
Man nehme einen Küchenschwamm und reiße ein Stück davon ab. Dann zupft man aus diesem Stück noch ein paar Ecken heraus, und fertig ist das Arbeitsgerät. Die Größe sollte etwa bei 5x5mm liegen. Das ist natürlich nur sehr ungefähr als grober Richtwert zu nehmen. (Ist das Schwammstück zu klein, werden die Tupfen nicht wirklich verschieden ausfallen und der Effekt wirkt nicht wirklich, ist es zu groß, lässt sich der Effekt schwerer kontrollieren.)
Vor der Anwendung sollte so ein komplexes Arbeitsgerät immer erst auf einem Stück Papier ausprobiert werden! 🙂
Man nehme also das vorbereitete Schwammstück, tupfe ein wenig in schwarze Farbe, dann auf ein Blatt Papier, um den Überschuss abzunehmen und den Effekt zu kontrollieren und um zu verhindern, dass zu große Farbbatzen auf dem Modell landen. Und dann tupft man vorsichtig auf jene Stellen am Modell, wo Farbe abgeplatzt sein soll. Ich verwende übrigens meist eine Pinzette, mit der ich das Schwammstück halte.
Kanten und Ecken eignen sich für die Abplatzer am besten, hier würde in der Realität auch die meiste Beanspruchung des Materials statt finden. Auf Flächen sollte man den Effekt eher spärlich einsetzen, gezielt angebracht wirkt er sehr kräftig.
Wichtig hierbei: Man kann es leicht übertreiben! Immer wieder mal sollte man innehalten und die Gesamtwirkung des „Verwitterungsprozesses“ begutachten. Dadurch verhindert man, dass zu viel Effekte aufgetragen werden und das Modell dadurch versaut wird. Auch, wenn man gerne viele Kratzer und viel Matsch einsetzt: Zu wenig ist hier fast immer besser als zu viel!
Staub
Als nächstes möchte ich darstellen, dass der Panzer nicht in einer Halle steht und gewaschen wurde. Er soll etwas staubig sein.
Dafür verwende ich Pigmente: Ein helles Grau und ein helles Braun werden aufgetragen und zum Teil vermischt. Ich hab mit dem hellen Grau angefangen – und hier gleich mal zu viel erwischt!
Am besten trägt man die Pigmente mit einem kleinen, feinen Pinsel auf. Und man sollte auch hier vorher auf einem Blatt Papier testen, wie stark sich der Effekt auswirkt! Ich habe das leider nicht gemacht gleich mal etwas übertrieben. Grundsätzlich aber gehört Staub ein wenig oben auf die Flächen und vor allem in die Ecken, in denen er sich sammeln würde.
Der Rettungsversuch für den zu üppigen Staubauftrag bestand nun aus einer Mischung aus der Zugabe von braunen Pigmenten, um das helle Grau etwas abzutönen, und einem feuchten Pinsel, mit dem ich so lange wieder Farbe abgenommen und den Pinsel dazwischen immer wieder ausgewaschen habe, bis nur noch relativ wenig von den Pigmenten übrig war.
Pigmente sind reine Farbe, der Effekt ist immer intensiv. Auf der etwas rauen Oberfläche meines Panzers (die ich ursprünglich durch Stippling/Tupfen und Trockenbürsten bewusst hergestellt hatte) blieb daher trotzdem etwas zu viel Staub übrig. Das wird mir eine Lehre sein! (Hoffentlich…)
Ausgelaufenes Öl und Schmutzflecken
Es gibt unendlich viele Produkte zu kaufen mit denen man alle möglichen Effekte darstellen kann. Schnee und Matsch, dunkle Erde, helle Erde, Wasser, Öl und so weiter und so fort. Ich habe mir im Lauf der Zeit eine ganze Palette zugelegt, verwende aber tatsächlich kaum einmal alle auf einmal. Eine gezielte Vorauswahl hilft mir viel mehr, mich nicht in der Fülle der Möglichkeiten zu verlieren.
Da ein Panzer eine mechanische Maschine ist (äh… ja…), bietet es sich an, etwas mit Ölflecken zu arbeiten, die sich an Klappen, Scharnieren und anderen Stellen, wo es Sinn macht, ein wenig sammeln. Auch hier ist aber Dezenz wichtig, zu viel Öl und das Modell wirkt wie ein schlechtes Teststück für Öl-Effekte.
Das verwendete Engine Grime von AK ist eine Emailfarbe. Diese ist nicht wasserlöslich, also sollte ein anderer Pinsel und ein wenig Terpentin zum Reinigen verwendet werden. Der Effekt wird einfach an die gewünschten Stellen getupft.
Auch die Streaking Effects sind Email-Farben. Sie werden senkrecht mit dem Pinsel von oben nach unten auf den Seiten des Panzers gezogen werden, und dann mit dem Finger in die selbe Richtung verwischt, oder sie werden mit einem weichen, etwas breiteren Pinsel wieder so weit abgenommen, dass eine kaum noch sichtbare Verunreinigung übrig bleibt: Es wirkt, als wäre alter Dreck durch Regen gelöst worden und dann an der Seite des Panzers herunter gelaufen und wieder getrocknet.
Vallejo Rainmarks trage ich zuletzt eher auf Flächen auf. Es handelt sie hierbei wieder um Acrylfarbe, ab hier geht´s wieder weiter mit wasserlöslichen Farben.
Auspuffrohre
Mit Hilfe schwarzer Pigmente werden die beiden Auspuffrohre eingestaubt. Das Vorgehen funktioniert analog zum Staubauftrag, allerdings ist das Schwarz nicht so heikel und aggressiv wie die helle Staubfarbe. Der Effekt wirkt rußig und erzeugt eine etwas krustig wirkende Struktur. Das Ganze ist in einem kurzen Durchgang auch gleich fertig. Wenn man will, kann man auch die Auslässe der Kanonenrohre damit behandeln, ich habe diesmal darauf verzichtet.
Das Gelände am Panzer
Den Leman Russ lasse ich auf meinem Spieltisch vor allem durch Matsch fahren. Meine Warhammer 40k Spielplatten, sind zwar mit Gras beflockt, weisen aber zugleich eine Menge kahler Stellen auf, aus denen die saftige, dunkelbraune Erde hervorschaut.
Wenn man einen sehr starken Erd-Effekt erzielen will, kann man hier mit Stirland Mud von Citadel oder ähnlichen Produkten als Grundschicht arbeiten: Die dicke, braune Paste wird mit einem billigen Borstenpinsel auf die Unterseite des Modells und auf die Ketten aufgetupft, sodass der Eindruck von dickem Matsch entsteht, der am Kettenlauf hängen bleibt.
Ich wollte diesmal etwas weniger Erde darstellen und vor allem auf die Klumpen verzichten, die Stirland Mud und ähnliche Produkte erzeugen. Dagegen habe ich versucht, mit nur zwei Contrast-Farben von Citadel – einem dunklen und einem helleren Braun – einen ähnlichen Effekt zu gestalten.
Es entsteht auf diese Weise weniger Textur, dafür lässt sich die Farbe schön kontrolliert mit dem Pinsel auftupfen. Vor allem aber lässt sich Contrast-Farbe perfekt mit einem mittleren Pinsel über den Stiel eines anderen Pinsels „flicken“. Es entstehen durch diese Technik unzählige feine Farbspritzer, ein Effekt, den ich bei meinen Astra Militarum Figuren auch immer wieder erfolgreich eingesetze.
Die Ketten
Als letztes kümmere ich mich noch einmal um die Ketten selbst, nachdem sie nun fest mit Matsch eingeschmoddert worden sind. Die metallische Grundfarbe (Leadbelcher) scheint zwar an manchen Stellen noch durch, doch erst die dunkelgraue Contrast-Schicht der Grundbemalung, dann die beiden brauen Contrast-Farben der Verwitterung haben den Ketten ihren Glanz völlig genommen. Das ist natürlich auch gut so, sie sollen ja verdreckt und in Gebrauch wirken.
Aber: Ein fahrender Panzer hat es an den Ecken und Kanten der Kettenglieder immer mit Abrieb zu tun, durch den der Matsch abgelöst wird und immer auch ein wenig das blanke Metall zum Vorschein sichtbar bleibt. Um das darzustellen, greife ich zu einem alten Modellbau-Profi-Tool: dem Bleistift!
Ein reiner Graphitstift wäre noch etwas handlicher, aber mein weicher 5B Bleistift, den ich eben zur Hand habe, tut es auch. Ich streiche mit der Mine an den Kanten entlang, und der Graphit-Abrieb sorgt für den gewünschten Effekt. Die Ketten sind schön verdreckt und haben doch realistisch wirkende Abrieb-Kanten, die Metall zeigen.
Und damit erkläre ich dieses Projekt auch schon für abgeschlossen: Jetzt wartet nur noch der riesige Baneblade (ein Ungetüm von einem 40K-Panzer) auf die gleiche Behandlung. Mal sehen, vielleicht gibt´s davon dann ja auch Fotos…
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