Endlich wieder Messe, endlich wieder Essen! Der Spielewahnsinn kommt mit Riesenschritten auf uns zu – und da ist er!
In den letzten Jahren hatten wir immer nur am Wochenende Zeit auf die Messe zu fahren, und das hieß: Samstag frühmorgens zum Flughafen, Flug nach Düsseldorf, dann Zug nach Essen, dann U-Bahn zur Messe, und am Sonntag das selbe retour in umgekehrter Richtung.
Das ist immer gut gegangen und hat toll funktioniert, aber nach einem langen Arbeitstag um 4:30 aufstehen ist dann doch etwas mühsam. Das größte Manko beim Fliegen war aber die Gepäcksbeschränkung.
Dieses Mal ist alles anders.
Anreise
Wir haben beide frei und können bereits unter der Woche anreisen! In der Hoffnung, dass sich der Messe-Stress dadurch etwas verteilt, haben wir also für alle vier Tage Messetickets gekauft, ein Hotel gebucht und sind schon am Mittwoch mit dem Auto losgefahren.
Die Übernachtung war bei Verwandten am Mittwoch Abend noch privat und in der Nähe von Essen, am Donnerstag wollten wir dann direkt zur Messe mit dem Auto! …Das war der Plan.
Bereits auf der Autobahn ist die Spiel ´21 ausgewiesen, eine Riesenfreude, bis man merkt, dass man auf umliegende Parkflächen umgeleitet wird, weil die Messeparkplätze direkt am Gelände bereits voll sind. Dabei sind wir extra zwei Stunden vor Öffnung losgefahren!
Aber letztlich alles kein Problem: Der Wagen steht jetzt auf einem Parkplatz außerhalb mit gratis Shuttlebus, die Taktung der Shuttles ist ausgezeichnet, sie sind nicht zu voll und der Platz kostet 6 Euro für den ganzen Tag, das ist wirklich günstig. Mit dem Bus geht es an der endlosen Auto-Schlange vorbei, die sich Richtung Messe wälzt, und uns dämmert, dass wir wohl nicht schneller gewesen wären, hätten wir uns in diesen Stau gestellt.
Der Bus spuckt uns direkt vor dem Eingang Ost aus und wir laufen etwa hundert Meter in die falsche Richtung, weil die Warteschlange am Eingang bereits immer länger wird und wir uns hinten anstellen müssen.
Und wieder geht es wider Erwarten dann Ratz-Fatz: G3-Kontrolle (Corona), dann Ticket-Scan, und wir sind drin! Nur noch die Koffer abgeben – auch hier keine wirkliche Wartezeit. Endlich geht´s wirklich los!
Tag 1 – Donnerstag, 14.10.2021
Zuerst einmal fällt auf, dass es nicht so voll ist, wie in den letzten Jahren. Wobei: Wir waren am Wochenende da, der Vergleich stimmt wahrscheinlich nicht ganz. Und wenn man weiter rein geht in die erste Halle, stellt man auch fest, dass „weniger voll“ sehr relativ ist.
Doch wir bemerken fast nicht, dass wir uns durch Ströme von Menschen schlängeln, weil wir vom ersten Moment an wie magisch angezogen von Stand zu Stand taumeln. „Sieh mal da!“, „Ach nein, schau!“, „Nein hier!“, „Oooch!“, „Da, da, da!!“
So geht das erst mal etwa zwei Stunden lang, bis wir feststellen, dass wir etwas trinken und aufs Klo müssen. Also das schnell erledigen, denn wir haben bisher im Schnelldurchgang erst eineinhalb von fünf Messehallen gesehen, und die ganz große 1er Halle liegt erst noch vor uns am anderen Ende des Geländes.
An dieser Stelle möchte ich kurz auch das Hygiene-Konzept erwähnen, das – wie ich finde – ausgezeichnet funktioniert, also bis auf die Abstandsregeln, die trotz größerer Abstände zwischen den Spieltischen und den breiteren Gängen immer wieder mal schwer einzuhalten sind: So gut wie jeder trägt Maske, an den Tischen desinfizieren wir uns vor und nach dem Spielen die Hände, und auf dem Freigelände ist dann genug Platz um mit Abstand dann auch mal die Masken abzunehmen. Kompliment an die Messebesucher für die Disziplin und an die Messe für die Organisation!
Spielen und Einkaufen
Ich bin ja mit einer Wunsch- und Interessensliste hier auf der Spiel angekommen, und wie erwartet, gestaltet es sich schwierig, sich an so etwas wie eine Liste zu halten. Aber immerhin, ich weiß in etwa was mich interessiert, und spontane Überraschungen sind willkommen.
So finde ich immer wieder schöne Stände, manche haben gleich mehr als ein Spiel auf meiner Liste im Angebot.
Wie immer kann man an vielen Plätzen auch Spiele probieren, wenn man Glück hat, oder Geduld, wird auch bald irgendwo ein Platz frei und man kann die Füße rasten und das Hirn arbeiten lassen.
Getestet oder uns erklären lassen haben wir
Perditions Mouth (Dragon Dawn): Das ist ein Dungeoncrawler von 2016 mit Karten statt Würfeln und einer schönen Aktionspunkte-Mechanik. Dazu gibt´s aktuell eine neue Erweiterung.
Turning Tides (Never be Boardgamers): Zwei Piratenschiffe kämpfen gegeneinander: Als Kickstarter demnächst online.
Tavern Tales (Phase Shift Games): In der Taverne prahlen wir über unsere Taten im Dungeon und versuchen uns gegenseitig dabei zu überbieten. Schönes Spiel für kleine bis mittlere Runden, in das uns der Designer höchst selbst eingeführt hat!
Gekaufte Spiele:
Hier steht es 9:7 für meine bessere Hälfte, ich war wohl etwas vorsichtiger am ersten Tag. Das wird sich aber bald ändern, ich bin mir sicher.
Dungeon Drop (Phase Shift Games): Man lässt eine Menge Würfel fallen und erzeugt dadurch automatisch einen Dungeon, den man dann möglichst intelligent looten muss. Dazu eine kleine Erweiterung und einen Rahmen für den Dungeon, damit die Würfel nicht auf dem Boden landen.
Amélia´s Secret (Blackrock Games): Horror-Mystery Rätselspiel mit Augmented Reality. Mit dem Tablet analysiert man Karten, die man zuvor ausgelegt hat.
Welcome to the Moon (Blue Cocker): Roll and Write mit acht verschiendenen Abenteueren, in deren Verlauf wir den Mond erobern.
Knights of Steel (Sun Core Games): Erweiterung zu Dice Wars, einem Schach-ähnlichen Würfelspiel, das mich schon lange begeistert.
Chronicles of Crime – Noir (Lucky Duck Games): Kleine Geschichte, bin ich sehr gespannt drauf! (Nachtrag: Das ist ´ne Erweiterung, ich Depp. Jetzt muss ich wohl das Grundspiel auch noch nachkaufen…)
Deckscape: The Mystery of Eldorado und Deckscape: Heist the Venice (dv ciochi): Zwei kleine Escape-Spiele, je eine Stunde Spielzeit, für Zwischendurch
Machi Koro Legacy (Panda Saurus): Das Spiel war schon immer auf meiner Liste, und für 13 Euro konnte ich es einfach nicht liegen lassen.
Als nächstes werde ich mich um die großen Spiele kümmern und wohl etwas mehr Geld ausgeben.
Denn nun ist schon
Tag 2, Freitag, 15.10.2021
Der Tag beginnt schon mal nicht ganz so stressig, ohne Anfahrt, sondern mit einem fünfzehnminütigen Spaziergang nach einem ausgiebigen Frühstück im Hotel. Wir haben IKEA-Taschen mit Zip dabei anstelle der Koffer, in unserem leichten Rucksack. Proviant holen wir uns auf dem Weg im Supermarkt, damit wir nicht wieder Pommes und Wurst essen müssen. Und durch den Eingang kommen wir etwa eine halbe Stunde nach dem Öffnen sofort rein, keine Schlangen weit und breit; unser Trödeln beim Einkaufen morgens hat sich gelohnt.
Diesmal trennen wir uns gleich in der ersten Halle und ich gehe auf Einkaufstour in Halle 6:
Gleich am ersten Stand quatscht mich der Typ an, ich gehe erst weiter, dann aber wieder zurück. Mind Bug heißt sein Spiel, hat er selbst designt, gemeinsam mich Richard Garfield, wie er sagt, und es ist ein einfaches, aber komplexes Kartenspiel, inspiriert von Magic The Gathering, aber ohne den Sammelkartenaspekt. Das klingt gut: Eine Packung statt zigtausend für ein Spiel wie Magic! Nach der Erklärung nehme ich es gleich mit, vielversprechend, wirklich toll und abwechslungsreich!
Weiter geht´s durch Halle 6, diesmal wirklich Stand für Stand. Dust 47 von Paolo Parente ist auch hier, die hören doch angeblich auf?! Dabei gibt es hier mindestens drei Fraktionen mehr zu diesem Miniaturen Kriegsspiel im alternativen Jahr 1947. Ich beschließe aber, bis Sonntag zu warten: Falls sie einen Abverkauf am Abend machen, schlage ich zu.
Dann fällt mir an einem Stand ein kleines Spiel ins Auge, ich kaufe zwei, bekomme drei. Auch nicht schlecht.
So geht es weiter, bis ich mich zu Mittag wieder mit meiner besseren Hälfte vereine und wir gemeinsam auch mal etwas spielen. Zuletzt klappern wir noch ein paar Must-Have-Stände ab, mittlerweile sind ein paar der sehr begehrten Titel bereits ausverkauft. (So etwa Paper Dungeon auf Deutsch, auf Englisch gibt´s das aber noch. Mal sehen.)
Bis zum Abend habe ich schließlich meinen IKEA-Sack voll gemacht und die Zielvorgabe erreicht. Ich habe mehr gekauft als am Vortag!
Gekaufte Spiele:
Destinies inklusive der Erweiterung Meer aus Sand (Grimspire). Ein Sandbox-Spiel mit App-Anbindung, bei dem man eines von zwei Schicksalen erfüllen muss.
Chronicles of Crime 2400 (Corax). Wieder ein app-basiertes Spiel – davon gibt´s dieses Jahr wirklich viele – und wieder ein Chronicles of Crime, aber diesmal im Cyberpunk der Zukunft.
Senbazuru (GDM): Man legt Origamiplättchen aus um die Kontrolle über die Plättchen des Gegners zu erlangen und Punkte zu sammeln. Das Spiel ist einfach schön und putzig.
Mastabas (GDM): Ein kleines Kartenspiel, in dem aus den Karten ein Dungeon gelegt wird, der dann mit Meeples erkundet wird: schnell, einfach, schön.
Nishikigoi (GDM): Das ist ein meditatives Kartenspiel, in dem man gemeinsam mit bis zu sechs Spielern so lange und so effektiv wie möglich versucht, Koi-Teiche zu legen, bis die Karten alle sind.
Mindbug (Nerdlab): Große MTG-Konkurrenz miniklein. Das Spiel wird wohl oft auf den Tisch kommen: Schnell erklärt, leicht eingepackt, ultraflott aufgebaut und jede Menge Anspruch und Variation dabei.
3x Cartzzle (Jeux opla): Hier sind wir ausgeflippt. Jeder von uns hat drei Kartensets mitgenommen, sogenannte Cartzzles, bei denen man ein Puzzle mit Karten legt, die sich überlappen. Dazu gibt es Aufgaben, wie genau das Puzzle angegangen werden soll. Auch ein sehr meditatives Spiel, wunderschön.
Und bei Creatur Caster habe ich mir die Siren of Extasy geholt: Die Firma bietet wunderschöne Miniaturen an, ich hatte sie schon länger auf dem Schirm und konnte einfach nicht daran vorbei gehen. – Ja, ich weiß, ich habe genug zu malen, aber darum geht es doch hier nicht, oder?
Auch gespielt haben wir eine ganze Menge:
Bag of Butts und vor allem Tofu God ist uns in besonders guter Erinnerung, wunderbar erklärt vom Designer Andreas Preiss. Frutticola ist fast zum Streitfall geworden, denn das Spiel ist so schön, dass wir es beide haben wollten! Und nein, ich hab´s dann nicht gekauft, zweimal braucht man selbst ein Marmeladenherstellungsspiel nicht in der Familie.
Eine Menge Spiele habe ich mir erst mal einfach nur erklären lassen, etwa Skytear, wo bereits ein Arenaspiel existiert, in dessen Welt aber nun auch ein Kartenspiel im Tower-Defense Stil auf Kickstarter online gehen wird. Sehr spannend, gut für Solo-Spieler, bin sehr interessiert.
Jetzt drehen wir die Uhr wieder einen Tag vor, denn es ist bereits
Tag 3, Samstag, 16.10.2021
Okay, heute ist mehr los hier! Alle haben frei, Wochenende, jetzt sind die Gänge fast so voll wie in den letzten Jahren, obwohl diese breiter sind: echtes Messeerlebnis!
Das schöne heute ist, dass wir bisher bereits so viel eingekauft haben, dass keine Gefahr mehr besteht in Kaufrausch zu verfallen. Heute ist Spieletag, heute wird gespielt, was das Zeug hält!
Wir haben wieder eine ungefähre Vorstellung davon, was uns interessiert und an welchen Ständen wir diese Spiele finden können, aber wenn keine Tische frei sind, ziehen wir einfach weiter, denn alle können wir sowieso nicht testen. Also gehen wir gut gelaunt und mit einem Lächeln auf den Lippen los. Jetzt müssen nur die Spiele selbst noch toll sein.
Gespielt:
Shifting Stones (Gamewright): Wir verschieben Steinplatten, um Muster zu erfüllen und Punkte zu sammeln. Schnell, einfach, schön.
Blokk! (selfpublished): Cooperatives 3D-Tetris IRL, fühlt sich schön an, ist aber noch ein Prototyp.
Mini Express (Moaideas Game Design): Zugstrecken bauen und Aktien kassieren. Das Spiel hat einfache Regeln, wertige Komponenten mit einem doppelseitigen Spielbrett (Nordamerika / Europa) und einen idealen Schwierigkeitsgrad für gemischte Spielegruppen.
Jiangnan: Life of Gentry (Moaideas Game Design): Wir sind Künstler im alten China und versuchen Geld (Reiskörbe) zu verdienen, indem Kunserwerke gestalten und sie in Teehäusern oder Tavernen anbieten, immer auf der Suche nach Inspiration und auf der Flucht vor zu viel Stress. Vorsicht, denn selbst die Musen, die uns inspirieren, können Stress verursachen! Wunderschönes Workerplacement Spiel für Fortgeschrittene. Hat man erst einmal die ganze Ikonographie auf dem Spielplan verstanden, wird es plötzlich relativ einfach, den Überblick zu behalten: erstaunlich bei einem Spiel mit so viel Varianz! Wir durften den Prototyp spielen, die Kampagne kommt demnächst auf Kickstarter.
Roll Camera! (Keen Bean): Hier war ich ursprünglich skeptisch. Viele Spiele, die versprechen das Gefühl des Filmemachens einzufangen, sind eigentlich Mist, und Roll Camera war vor der Messe schon gehypt. Aber der Test macht mich sicher: Nicht so hier! Bis zu vier Spieler übernehmen die Rolle von Produzent, Regisseur, Kameramann und Star (mit kleinen Sonderfähigkeiten), Sets müssen gebaut werden, um dort Szenen drehen zu können, ständig tauchen absurde Probleme auf, man kämpft gegen Zeit und Budget und am Ende hat man hoffentlich einen fertigen Film, der erstens der Vorgabe entspricht und zweitens eine halbwegs gute Qualität erreicht. Das alles mit Würfeln auf einem Brett, drum herum Karten: super Spiel!
Cartaventura (Games on Demand): Bisher gibt´s drei Stories, je in einer kleinen Schachtel zu haben. In einer Mischung aus Choose your own Adventure-Books und 7th Citadel erleben wir eine Geschichte auf quadratischen Karten, treffen Entscheidungen und kommen an einem Ende der Geschichte an. Wir haben ein nicht käufliches Setting als junger König Artus durchlaufen und gleich mal verloren; hat aber trotzdem Spaß gemacht! Das Spiel erscheint demnächst bei KOSMOS.
Mir fällt auf, dass wir kein einziges Spiel bei unserer Testung erwischt haben, das keinen Spaß gemacht hat. Jiangnan hat mich umgehauen, bei der Komplexität ist aber immer die Frage, wie oft das Spiel dann tatsächlich auf den Tisch kommt. Mini Express will ich haben.
Ansonsten haben wir diesmal kaum etwas gekauft, auch wenn am Ende des Tages noch einmal etwas Geld geflossen ist.
Gekaufte Spiele:
Cartaventura: Oklahoma (Games on Demand) – siehe oben
Mazescape: Labyrinthos (Ludoismo): Solospiel, bei dem man mit einem Zeigestift auf einer Faltkarte so schnell wie möglich versucht durch ein sich ständig veränderndes Labyrinth zu kommen.
Last Aurora (Ares Games): Wieder mal ein Spiel, das voll in meine Präferenzen passt. Ein bis vier Spieler versuchen aus der postapokalyptischen Eiswüste zu entkommen und das Schiff Aurora zu erreichen, das Rettung in wärmeren Gefilden verspricht. Kompetitives Workerplacement Spiel mit aufregendem Thema.
Ein paar Spiele waren heute schon ausverkauft, Sword and Sorcery – Ancient Chronicles etwa hätte ich mir gern noch besorgt, aber da hab ich zu lang getrödelt.
Naja, es ist ja nicht so, dass ich bis jetzt zu wenig eingekauft hätte. Die neuen Spiele reichen wohl erst einmal für drei Wochen – ähem – drei Jahre. Und wir sind noch einen weiteren Tag auf der Messe!
Doch über diesen letzten Tag berichte ich euch dann nächstes Wochenende, denn ich muss jetzt los! Sonntag, der letzte Messetag, ruft!
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