Gespielt: Miniquest Adventures!

Miniquest Adventures, Brettspiel, DungeonCrawler, Tabletop RPG
Lese Zeit: 9 Minuten

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Miniquest Adventures ist ein Kickstarter von Mini Tabletop Games (Designer: Víctor Amorós), der kurz vor Weihnachten geliefert wurde. Das Spiel hatte ich nun endlich auch auf dem Tisch. Schauen wir mal, wie es sich anfühlt…

Komponenten

Die mittelkleine Schachtel ist vollgepackt mit Inhalt: haufenweise Karten, Unmengen an Tokens und vor allem die beiden Dungeon-Bücher, die das Herz des Spiels bilden.

Spielinhalt

Die ringgebundenen Bücher kann man aufklappen und sofort hat man einen spielbereiten Dungeon! Das habe ich bis jetzt so noch nicht gesehen, es ist hübsch und effektiv, und es macht richtig Laune! Das war dann ja auch der USP (Unique Selling Point) des Kickstarters.

Für die jeweils 4 Charaktere liegen schöne, feste Playerboards bei, auf denen die Ausrüstungskarten und Charakterkarten der Figuren übersichtlich angeordnet werden können.

Die Marker – es sind weit über 200 enthalten – sind hingegen etwas klein und fiddelig.

Bei den Markern in runder Form, welche die Helden und Monster im Dungeon darstellen, macht die geringe Größe nicht so viel aus, sie passen perfekt zum Spielplan in den Ringbüchern. Dort werden sie herumgeschoben im Dungeon, das funktioniert gut.

Die Lebenspunkte-, Rüstungs-, Magie- und alle weiteren Sondermarker hingegen haben eine quadratische Form: Sie sind ungleich unhandlicher. Dazu kommt noch, dass sie beidseitig unterschiedlich bedruckt sind: Die Rückseiten sind zum Teil mit Multiplikatoren versehen (x2, x3, x5, x10), was den Überblick erleichtern soll, aber in der Handhabung genau das Gegenteil bewirkt: da immer nur – wenn überhaupt – eine Seite den Multiplikator enthält, verbringt man schon mal etwas Zeit während des Spiels mit der Suche nach einem gewünschten Teil.

Hat man sich dann durch die Anleitung gearbeitet und die Komponenten erst einmal in einen sinnvolle Aufbewahrungsreihenfolge gebracht, kann man auch den Rest des Spiels aufbauen:

Spätestens hier kommt es zu ersten Verstimmungen, denn es bedarf einigen Aufwands, bis man herausgefunden hat, welche Karten was machen und wohin sie auf dem Spieltisch gehören: Monsterfähigkeiten, Loot-(Schatz-)karten, Heldenfähigkeiten, alles sieht ähnlich aus und in der Spielanleitung sind die Kartenrückseiten – nach welchen man sich beim Ordnen des Materials richten könnte – immer nur halb sichtbar.

Startausrüstung

Was die Startausrüstung der Helden betrifft, habe ich gleich einen nächsten Kritikpunkt – diesmal aber gleich mit einem Lösungsvorschlag für Besitzer des Spiels:

Es gibt vier Heldenklassen mit je zwei Charakteren zur Auswahl, wobei diese sich einzig und allein durch eine einzelne Karte unterscheiden, nämlich die jeweilige Heldenfertigkeit. Die restliche Startausrüstung ist für je zwei Klassen-Charaktere immer identisch.

Leider ist diese Startausrüstung aber nicht gesondert markiert, sondern muss, obwohl sie immer am Anfang des Spiels separat gebraucht wird, erst mühsam aus dem Loot-Deck und dem Fertigkeitsdeck herausgesucht werden. Das kostet Zeit und Nerven.

Meine Lösung: Ich bewahre die beiden Charaktere einer Klasse gleich gemeinsam in getrennten Beuteln auf, und zwar gleich mit der zugehörigen Startausrüstung. Das spart zumindest beim Spielaufbau einige Minuten Zeit.

Je Klasse 2 Charaktere mit einer eigenen Fertigkeit: alles in einer Tüte!

Gut. Die Komponenten sind also aufgebaut und wir sind bereit zu spielen! Aber wie geht das nun eigentlich?

Spielanleitung / Regelheft

So kurz die Spielregeln zu Miniquest Adventures sind, so schlecht sind sie auch. Klingt das etwas hart?

Um es noch deutlicher zu sagen: Die Spielregeln sind eine Katastrophe.

Es gibt keine Struktur in dem eigentlich dünnen Heftchen:

Auf knapp 30 Seiten springt die Anleitung ständig kreuz und quer zwischen Aufbau, Spielablauf und Sonderfunktionen hin und her, Zwischenüberschriften und Überschriften haben die selbe Schriftart und -größe, Beispiele verstecken sich im Fließtext.

Allein für den Spielaufbau muss man erst einmal die relevanten Elemente auf drei bis vier verschiedenen Seiten zusammensuchen. Irgendwo verstecken sich dann auch die Aktionen, die man mit seinen Helden ausführen kann: Alles nicht komplex, aber kompliziert. Das ist genau so, wie es nicht sein sollte.

Denn eigentlich ist das Spiel wirklich simpel.

Wenigstens die Gegner-KI ist auf einer Seite zusammengefasst. Und es gibt ein Inhaltsverzeichnis und am Ende der Anleitung ein Glossar, das die Sonderfähigkeiten erklärt und die Karten und anderen Komponenten des Spiels aufzählt… Moment, gehören Komponenten nicht zum Spielinhalt, an den Anfang, vor den Spielaufbau? Naja…

Und zu all diesem Durcheinander kommt dann noch, dass die Regeln in entscheidenden Punkten auch noch ungenau und damit unzureichend sind. Zu verstehen, wie das – eigentlich einfache – Kampfsystem mit den beiden schwarzen Würfeln funktioniert, fordert die grauen Zellen: Nicht, weil es etwa schwierig ist, sondern weil es einfach schlecht erklärt ist.

Das mag ein wenig auch an der Übersetzung liegen – das Spiel kommt aus Spanien, und man kann ja dankbar sein, dass es überhaupt übersetzt wurde. (Deutsch, Englisch und Französisch, das ist schon beachtlich für so ein kleines Spiel.) Aber was hilft eine Übersetzung, wenn sie immer wieder Fragen offen lässt, die niemand beantwortet?

Regelheft in vier Sprachen

Also wie gesagt: Das Regelheft ist Mist.

Das Spiel selbst

Okay, all die Mühen liegen nun hinter uns, das Spiel ist aufgebaut, jeder Held und jedes Monster hat seine Ladung verschiedener Tokens auf der jeweiligen Karte bereitliegen. Auch der Initiativtrack liegt vor uns, der die Reihenfolge bestimmt, in der Figuren aktivieren, und wir haben einen zufälligen Dungeon erwürfelt, den wir nun endlich bezwingen wollen:

Los geht´s mit der ersten Partie!

Zwei Monster erscheinen auf dem Spielfeld auf ihren jeweiligen Spawn Punkten, niedlich anzusehen in ihrer kleinen Plättchenform, und wir lassen den ersten Helden den Raum betreten.

Er geht entsprechend seiner Bewegungsreichweite zum ersten Monster hin. Dann schlägt er mit seiner zweiten Aktion zu. (Mehr Möglichkeiten hat der Held übrigens nicht: Zwei Aktionen, aufgeteilt in Gehen und Angreifen.)

Ich werfe die beiden Würfel, einen davon muss ich auswählen und das entsprechende Ergebnis abhandeln. Ich treffe das Monster, sehe auf meiner Helden-Statkarte nach: 3 Schaden. Hm… Das Monster hat jetzt schon nur noch einen Lebenspunkt.

Gut, laut Initiativtrack ist jetzt das erste Monster dran. Es bewegt sich ebenfalls ein paar Felder und schlägt zu: Ha! Daneben!

Der nächste Held betritt den Dungeon: Fernkampfangriff. Er trifft, das Monster ist tot, er geht noch ein paar Felder.

Das nächste Monster ist an der Reihe: Held Nummer 1 erleidet zwei Schaden, er hat jetzt noch 4 Lebenspunkte.

Nächster Held: Rein, draufhauen, getroffen, Monster fast tot.

Keine Monster mehr auf dem Initiativtrack, also nächster und letzter Held in der Runde („Phase“, „Reihe“? …eine der vielen Unklarheiten im Regelbuch…): Rein, draufhauen, zweites Monster tot. Keine Gegner mehr da.

Äh… Wie, was?!?? Ja: Das war der erste Dungeon.

Der Initiativtrack

Loot

Als Belohnung – vorausgesetzt, man spielt nach dem ersten Raum noch weiter – erhalten die Spieler nun Loot vom Loot-Deck:

Der Startspieler zieht zwei Belohnungskarten vom Deck und teilt sie an die Spieler aus, die sich dann eine aussuchen und behalten können.

Wer sich jetzt fragt, ob das heißt, dass jeder Spieler / jeder Charakter zwei Karten zum Aussuchen erhält, oder der ob nur vom Startspieler zwei Karten gezogen werden, die dann nur ein Held als Upgrade bekommt, der ist jetzt genau an dem Punkt, an dem ich persönlich mit den Regeln kurz mal aufgegeben habe.

Natürlich kann man immer Hausregeln erstellen und solche Kleinigkeiten beiseite räumen, indem man hier allen Helden eine Karte gibt – das ist doch fair, oder?

Aber was macht das mit der Ballance des Spiels, wenn die Monster ohnehin schon keine Herausforderung sind?

Solche Gedanken sollten sich nicht die Spieler machen müssen, das ist doch Aufgabe der Spieldesigner!

Schwierigkeitsgrad

Eine Partie besteht nun aus mindestens fünf solcher Dungeons, das nennt das Regelheft nun eine „Runde“ oder „Level“.

Will man dann noch weiter spielen, zieht man eine Karte vom Bedrohungsdeck, welche die Monster in der kommenden Runde verstärkt: Sie erhalten dann entweder mehr Widerstand oder mehr Angriffsstärke – oder beides.

Die Helden erhalten zwischen den Begegnungen übrigens ihre Schild-, Magie- und Lebenspunktemarker wieder zurück. Nur wenn sie ausgeknockt werden erhalten sie einen R.I.P. Marker, der liegen bleibt: Erhält ein Held den vierten solchen Todesmarker, dann scheidet er aus dem Spiel aus und die Partie ist verloren.

Im letzten der fünf Dungeons wartet immer ein Elite- oder Boss-Gegner, der stärker ist als die normalen Monster, und der auch ein wenig mehr kann als nur Gehen und Zuschlagen.

Die Steigerung des Schwierigkeitsgrads erfolgt mittels Verlängerung der Spielzeit:

  • Einfache Spiele laufen einmal durch diese Dungeon-Abfolge (1 Level, 1 Runde): 5 Räume, 1 Boss-Gegner am Ende;
  • Normale Spiele durchlaufen die Levels dreimal (3 Runden): 15 Räume, mit je einem Boss am Ende.
  • Schwierige Spiele machen den Wahnsinn 5 Runden lang durch: 25 Räume…
  • Und Spiele im Alptraum-Modus laufen über 7 Runden. Das sind dann 35 Räume. Die Bezeichnung für diesen Modus ist, wie ich finde, treffend gewählt.
Der Spielaufbau in all seiner hübschen Pracht

Fazit

Wer soll so ein Spiel spielen? Ja, das frage ich euch: Wer baut jedes Mal, immer wieder, mühsam einen Raum auf, sucht die ganzen Tokens heraus, legt sie auf die Monster, legt die Heldenkarten bereit… nur um dann zehn Minuten später alles von nochmal machen zu müssen? Tokens, Tokens, Tokens! Und das Ganze bis zu 35 Mal!?

Das Feeling beim Spielen trifft übrigens ziemlich gut das Ziel, das sich die Designer gesteckt haben. Sie sprechen auf der Schachtel von Spielen in „purem 16 Bit- Videospielstil“. Und es fühlt sich tatsächlich an, als würde man durch ein altes Konsolenspiel laufen, in dem man mit dem Joystick und zwei Knöpfen einfach auf die Monster klopft, bis sie verpuffen.

Allerdings haben diese Konsolenspiele die ganze Arbeit im Hintergrund für uns erledigt. Wenn sie schon keine große Story erzählen und lediglich banale Verhau-Freuden kredenzt hatten: Wir mussten wenigstens nicht auch noch ihre Lebenspunkte ständig auffüllen und wegräumen, Karten Mischen und ziehen, und wieder Tokens auffüllen, und wieder wegnehmen… Videospiele sind nicht mühsam, weil sie das Bookkeeping übernehmen.

Miniquest Adventures fühlt sich also tatsächlich an wie eine Videospiel, nur von innen: Die meiste Zeit sind wir mit dem Herumschieben von Bits und Pieces beschäftigt, während andere (?) Spaß haben.

Nun, so ist das nun mal mit Einkäufen auf Crowdfunding Plattformen: Man weiß natürlich im Vorhinein nie genau, wie das Spiel dann letztlich sein wird, wenn man es bekommt.

Es wird nicht jeder meiner Kritik zustimmen. Lasst mich gerne wissen, was ihr von dem Spiel haltet!


Und wer es einmal gespielt sehen möchte: auf Youtube gibt es auch ein Playthrough / Lets Play von mir zu dem Titel! Schaut auf jeden Fall auch da mal rein!


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