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Große Pläne
Jeder, der über längere Zeit hinweg ein Hobby betreibt, dürfte das kennen: Erst fängt man ein Projekt an, ist enthusiastisch und hoch motiviert, werkelt dahin, es geht voran. Dann kommt der Alltag, die Arbeit oder ein Urlaub, man ist kurz abgelenkt, nur kurz, zwei – drei Wochen!
In dieser Zeit denkt man über das laufende Projekt nach, hat neue Ideen, spinnt herum und kommt auf den nicht ganz abwegigen Gedanken, dass auch dieses oder jenes noch interessant wäre auszuprobieren.
Und dann hat man endlich wieder Zeit, Energie und ist voller Tatendrang, stürzt an die Werkbank, denn eine neue Idee will unbedingt Gestalt annehmen!
Also fängt man ein neues Projekt an, ist enthusiastisch und hoch motiviert, werkelt dahin…
Und siehe da, man hat den Eindruck, dass nichts fertig wird, der Berg der Schande wächst, Schachteln mit angefangenen Projekten türmen sich und verstellen irgendwann sogar die Sicht auf den Hobby-Tisch.
Ideen finden
Als leidenschaftlicher Geländebauer bin ich ständig auf der Suche nach Ideen und Anregungen, die ich für meine Tabletop Geländesammlung nutzen kann. Da ich in meinem Hauptberuf viel herum komme und mit vielen verschieden Menschen zu tun habe, mangelt es meist auch nicht an Input, ich muss vielmehr aufpassen, dass ich nicht vergesse, was mich inspiriert. (Ein Notizbuch hilft!)
Zum Zeitvertreib sehe ich mir Youtube Kanäle an, in denen andere Hobbyisten ihre Bastelprojekte vorstellen, ein paar Facebook Gruppen liefern tolle Anregungen, und ab und an suche ich gezielt nach Themen in der Google Bildersuche.
Und dann gibt es auch noch die gute alte Umwelt. Wenn ich draußen unterwegs bin, mache ich manchmal Fotos, vor allem von Gebäuden, die ich mir ins Auge springen, und wenn ich nicht vergesse, ordne ich sie anschließend sogar auf meinem PC in einen Ideenordner. Diesen öffne ich dann alle paar Jahre mal und staune, was mir so alles auf- und eingefallen ist in der Vergangenheit.
Ein Projekt starten
Egal welche Idee ich dann umsetze, alles beginnt am Basteltisch mit einem Ausgangsobjekt. Das kann ein Styrodurblock sein, der zurechtgeschnitten wird, und der als Basis für ein Gebäude dient, eine Rolle Klopapier-Karton als Grundlage für ein Kanalsystem, oder ein gekauftes Modellbaukit, das gebaut oder umgebaut werden soll.
Dieses Objekt stellt die Grundlage dar, es wird im Laufe der Zeit ausgebaut, verändert, verfeinert und schließlich bemalt. Am Ende soll es auf dem Tabletop glänzen und im Spiel auch noch als Geländeteil eine Funktion erfüllen.
Dran bleiben
Dieser Punkt ist wohl der kritische bei den meisten Vorhaben, nicht nur im Hobby. Anders als in der Arbeitswelt, wo uns meist ein vorgegebener Zeitplan zwingt, aktiv zu sein und etwas zu tun um das Geld auch zu verdienen, das wir am Ende des Monats auf dem Konto haben wollen, ist unser Projekt ja freiwillig. Es soll Spaß machen! Und das widerspricht dem Gedanken, sich zu etwas zwingen zu müssen.
Das ist allerdings nur bedingt wahr und eine Gedankenfalle, in die wir gerne tappen, weil wir als Menschen grundsätzlich faul und arbeitsscheu sind.
Ich versuche deshalb, wenn mir die Motivation oder der Wille zum Weitermachen gerade mal fehlt, das Projekt von der anderen Seite her zu denken:
Was will ich erreichen, was ist das Ziel des Projekts? Wie soll etwa das Geländestück am Ende aussehen? Wenn der Gedanke ans Ziel und die Vorstellung vom fertigen Objekt mir Freude und Spaß bereiten, dann motiviert mich das. Und dann macht es auch gleich wieder Spaß darauf hin zu arbeiten.
Nicht vom Ausgangspunkt, sondern vom Ziel her zu denken, kann helfen, die Hobbyblockaden, die jeder kennt, zu durchbrechen. Aus „Ich habe eigentlich gerade keine Lust“ wird „Ich freue mich auf die fertige Taverne“!
Doch Motivation allein ist zu flüchtig, wir brauchen einen zweiten Anker, um wirklich voran zu kommen:
Regelmäßigkeit
Ein fester Zeitplan oder eine fest eingeübte Gewohnheit wirken Wunder!
Wer regelmäßig, jeden Tag oder jede Woche Zeit für sein Projekt reserviert, wird automatisch Fortschritte sehen, da führt gar kein Weg dran vorbei.
Ich habe mir zum Beispiel eine Routine angewöhnt, die ich immer wieder auspacke, wenn ich beruflich für längere Zeit in einer anderen Stadt wohne (das sind immer gleich ein paar Wochen): Nach einem vollbrachten Arbeitstag, wenn alles Berufliche erledigt und die Wohnungstür hinter mir ins Schloss gefallen ist und ich den Laptop ausgeschaltet habe, setze ich mich an meinen kleinen Maltisch und male Miniaturen an oder baue sie zusammen.
Manchmal male ich nur eine Schicht, fünf Minuten, manchmal auch viel mehr, je nachdem, wie ich Lust habe. Dadurch, dass ich das regelmäßig mache (jeden Abend!), schaffe ich es wirklich eine Menge Minis zu bemalen! Ich habe auf diese Weise schon ganze Malprojekte in relativ kurzer Zeit fertig gekriegt, etwa die Zombicide Black Plague Grundbox inklusive ein paar Erweiterungen, oder meine letzte Armeeerweiterung für die Primaris Ultramarines.
Ein Projekt abschließen
Läuft das Projekt nun gut, gibt es immer noch eine Hürde zu nehmen, und das ist tatsächlich die Fertigstellung.
Was auf den ersten Blick einfach zu sein scheint, kann sich als ziemlich schwierig herausstellen. Da wir uns unsere Projekte meist selbst aussuchen, und niemand uns vorschreibt, wie wir was zu machen haben, kann es schließlich schwierig sein, zu entscheiden, ob unser Objekt nun endlich fertig ist oder ob noch ein paar Arbeitsschritte nötig sind.
Im Grunde ist das aber Geschmackssache, und mit der Zeit und der Erfahrung werden auch die eigenen Ansprüche steigen.
Ich besitze etwa immer noch meine ersten Warhammer 40k Figuren, mit denen ich vor über 20 Jahren ins Hobby eingestiegen bin. Der Weg, den ich bis heute zurückgelegt habe, war ein langer, (auch einmal mit einer langen Unterbrechung), und das merkt man deutlich. Ich hebe diese Figuren immer noch auf, obwohl sie mir längst nicht mehr gefallen, weil sie mir deutlich machen, wie viel ich schon gelernt habe in diesem wunderbaren Hobby.
Warum ich das hier erwähne? Weil ich auch damals entschieden habe, dass die Minis fertig sind, so wie sie sind. Heute würde ich anders, wohl auch mehr malen, aber für damals war es genau richtig.
Die Entscheidung, wann man ein Projekt für abgeschlossen erklärt, muss man also einfach treffen. Einflussfaktoren sind die eigene Geduld, das Können, die Zeit, die man insgesamt bereit ist, in das Projekt zu investieren, und vielleicht auch der Zweck, den das Ergebnis erfüllen soll. Ein Tabletop Gebäude für den Spiele Club wird hier sicherlich anderen Kriterien unterliegen als eines, das für die Vitrine des örtlichen Spieleladens oder auch für die Dekowand zuhause gedacht ist.
Und an einem gewissen Punkt wird man vielleicht auch merken, dass man nichts mehr am Projekt verbessert, sondern nur noch daran herumdoktert: Spätestens dann ist es Zeit, aufzuhören, einen Schlusspunkt zu finden.
Und was ist jetzt mit all den angefangenen Projekten?
Wie kommt es nun aber, wenn ich so schlau bin und theoretisch weiß, wie man seine Projekte zu Ende bringt, dass so viele angefangene Projekte bei mir rumstehen?
Die Antwort auf diese brennende Frage ist sehr wie beruhigend, wie ich finde:
So ist halt das Leben.
Bei aller Disziplin und Fokussierung, die wir in allen Dingen an den Tag legen mögen, ist es immer wieder wichtig, einen Schritt zurück zu machen und sich zu erinnern, warum man dieses wunderbare Hobby überhaupt betreibt:
Es ist unglaublich kreativ und es macht vor allem einen Heiden Spaß. Und den sollte man sich nicht durch künstlichen Druck kaputt machen. Das ist wirklich und tatsächlich die Hauptsache!
Ab und an hole ich übrigens dann doch ein altes Projekt hervor und führe es weiter, vielleicht sogar zu einem Abschluss. Auch das gibt mir dann ein herrliches Gefühl der Befriedigung. Aber wenn sich der Gedanke einschleicht: „Ich sollte doch eigentlich…“, dann gehen bei mir die Alarmglocken an.
Denn in meinem Hobby soll es kein „ich soll“ oder gar „ich muss“ geben.
In meinem Hobby muss ich nicht, ich darf!
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