Die Villen des Wahnsinns

Lese Zeit: 10 Minuten

Fantasy Flight Games (Erste Edition 2011); Designer: Corey Konieczka

2-5 Spieler; ab 13 Jahren; Spielzeit 2-3 Stunden

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Worum geht es?

In Villen des Wahnsinns begeben sich die Spieler in Form von Ermittlern auf eine mysteriöse Spurensuche: Irgendein Anlass hat sie an den Ort des Geschehens gelockt, wo sie nun auf seltsame Ereignisse treffen und nach Hinweisen forschen müssen, die schließlich ein dunkles Geheimnis enthüllen.

Erst im Verlauf einer Partie wird den Spielern klar, welches Ziel sie eigentlich erreichen müssen – vorausgesetzt, sie überleben.

Denn ihnen stellen sich Monster und finstere Schergen arkaner Kulte entgegen, Bestien aus anderen Welten trachten nach ihrem und hinter den Kulissen braut sich ein Unwetter zusammen, das nicht selten droht, die ganze Welt zu verschlingen.

Willkommen in der Welt von:

Kultisten, Zombies, Monster – und eine Hand voll Ermittler

H.P. Lovecraft

Zur mythischen Welt von H.P. Lovecraft muss heutzutage wohl nicht mehr viel gesagt werden. Er gilt als Begründer der Kosmischen Horrorerzählung und auf der Grundlage seiner Geschichten sind in den letzten Jahren dutzende von Spielen in allen möglichen Ausführungen entstanden, die allesamt versuchen, Grusel und Schauer bei den Spielern zu erzeugen. (Die Villen, um die es hier geht, zählen übrigens mit zu den Begründern dieses Genre-Booms.)

Ein zentraler Topos ist bei Lovecraft neben der rein körperlichen Gefahr immer auch das Abdriften in geistige Verwirrung und Wahnsinn durch äußere, unerklärliche Einflüsse.

Was Lovecrafts Geschichten aber wirklich auszeichnet, was den „kosmischen Horror“ eigentlich ausmacht, sind die Großen Alten: Sie sind urgewaltige, übermächtige, riesige und unfassbare Wesen, die tief im Inneren der Erde schlummern. Sie drohen nun aufzuwachen, ihre unruhigen Träume erschüttern den Planeten, oder sie greifen gar aus anderen Dimensionen gierig geifernd nach unserer Welt um sie zu verschlingen.

Wir Menschen sind in diesem Universum meist nichts mehr als der Spielball eines unbarmherzigen Schicksals, und nur mit größter Anstrengung lässt sich eine nahende Katastrophe vielleicht dann doch noch abwenden.

Die Ermittler stehen schier unlösbaren Aufgaben gegenüber…

Mein persönlicher Einstieg ins Spiele-Hobbie

Ich will hier nicht weiter auf den Cthulhu-Mythos eingehen, oder mich mit Lovecraft beschäftigen, es gibt zu diesem Thema sicher viele kompetentere Quellen als mich.

Aber fest steht, es gibt unglaublich gute Spiele in diesem Genre! Und nicht zuletzt habe ich es eben  genau einem dieser Spiele zu verdanken, dass ich nun der Brettspiel-Fan bin, zu dem ich mich in den letzten Jahren entwickelt habe.

Ich erinnere mich noch genau an meine erste Begegnung mit den Villen des Wahnsinns.

Einer meiner besten Freunde, zu dem der Kontakt eine Weile lang aufgrund von Distanz und anderen Lebensumständen etwas eingeschlafen war, meldete sich zu einem Besuch bei mir an. Als er auftauchte, hatte er da dieses Spiel dabei. Er war begeistert von seiner Entdeckung und mein Interesse war geweckt.

Er zeigte mir zuerst den ungewöhnlichen Spielaufbau: individuelle Räume, die je nach Szenario anders angeordnet werden mussten, Karten, die komplexe Effekte auslösten, und nicht zuletzt Spielfiguren, die keine einfachen Plömpel waren, sondern Miniaturen! Und die hatte er auch noch angemalt!

Natürlich spielten wir damals auch gleich eine Partie, dazu gab´s Bier und Brezeln, und damit war es dann auch um mich geschehen. Ich tauchte mit meinen beiden Ermittlern ein in eine faszinierende Welt mit Gefahren und Abenteuern. Mein Freund ließ Monster erscheinen und trieb meine Figuren mit Hilfe von Mythos-Karten vor sich her; und ich erlitt Schäden und Traumata, während ich verzweifelt versuchte, mich zu meinem Ziel durchzuschlagen, um noch größeres Unheil zu verhindern…

„Kultanführer mit Mi-Go“ (Das Monster zieht das Hirn aus dem Schädel eines Opfers… Schön saftig!)

Ich kann mich nicht mehr erinnern, wer damals die Partie gewann, aber meine Augen leuchten auch heute, nach Jahren noch, wenn ich an dieses Spiel denke! Es war einfach so unfassbar cool, sich in dieser Welt zu bewegen – besser als jeder Film.

Und deshalb musste ich diese Villen damals auf jeden Fall auch haben!

Jahre später

Mittlerweile gibt es, wie gesagt, viele Spiele im Universum von Cthulhu und Co., und manche sind sensationell gut, andere wiederum weniger, wie das nun mal so ist. Einige dieser Spiele besitze ich auch, von manchen habe ich hier im Blog sogar schon berichtet. (Zum Beispiel: Elder Sign – Das Ältere Zeichen)

Meine Freundin hat sich damals übrigens der Figuren angenommen und sie alle toll angemalt, damit das Spiel so immersiv wie möglich wäre. Und dann haben wir es eigentlich nie gespielt…

Ein paar Partien der Villen haben zwar durchaus noch stattgefunden, aber nie bei mir zu Hause oder  mit meiner eigenen Spielschachtel, sondern immer bei Freunden, auswärts und mit deren Varianten.

Dann wuchs meine Spielesammlung immer weiter, ständig kamen neue Spiele hinzu, die ausprobiert werden wollten, und die Villen des Wahnsinns verstaubten traurig in einem Regal.

1. vs. 2. Edition – Bewahrer vs. App

Dann kam Fantasy Flight Games 2016 auch noch mit der 2. Edition des Spiels auf den Markt, diesmal mit App-Begleitung. (Zu diesem Thema habe ich schon mal ein paar Worte verloren – siehe hier.)

Das Spiel nimmt ziemlich viel Platz ein – „Tisch-Präsenz, Baby!“

In der ersten Edition (der, die ich besitze) spielt ein Spieler den Bewahrer, also den Antagonisten des Spiels, der die Monster steuert, und der die anderen Spieler und deren Ermittlerfiguren mit allen möglichen Effekten und Angriffen drangsalieren kann. Der Bewahrer ist auch für einen Großteil des Spielaufbaus zuständig und dafür, dass die Geschichte korrekt abläuft, das Book-Keeping sozusagen.

Mir persönlich macht diese Art von Spielen Spaß und ich gebe gerne den Dungeon-Master. Aber nicht jeder hat Freude an dieser Rolle. Außerdem ist es tatsächlich eine Menge Arbeit, alle Spielkomponenten für die Villen zu sortieren, aufzubauen und schließlich auch noch den Überblick zu behalten.

In der 2. Edition ersetzte nun eine App diesen Bewahrer:

Alle teilnehmenden Spieler sind Ermittler, die Story wird allein von der App erzählt und vorangetrieben. Sie sagte an, wann welche Spielplanteile und Räume enthüllt werden, und wo welche Monster erscheinen sollen. Das macht es tatsächlich leichter das Spiel auf den Tisch zu bringen und ich mag auch diese Version des Spiels.

Was eine App aber nicht kann, ist auf die Stimmung der Spieler einzugehen. Sie kann keine irreführenden „Tipps“ geben oder einfach nur böse lachen, wenn ein Schadensmarker auf eine Charakterkarte gelegt oder eine Trauma-Karte ausgeteilt wird…

Bewahrer-Karten erlauben dem Bewahrer, seine Aktionen auszuführen

Wohl hauptsächlich aus Gründen der Einfachheit wurde lange Zeit nur noch ebendiese 2. Edition gespielt.

Doch jetzt, nach Jahren, haben wir den wahren Anfängen wieder einmal einen Besuch abgestattet und auch die Urversion des Spiels wieder mal entstaubt!

1. Blutsbande (Grundspiel Geschichte 3)

Unser erstes Spiel haben wir zu zweit bestritten.

Spielaufbau zu „Blutsbande“

Wir haben die Partie voll Spannung erwartet, die Regeln nochmal durchgeackert, das Spielfeld aufgebaut… Und schließlich ist der eine, einsame Ermittler dann doch kläglich an dem Szenario gescheitert.

Hätte ich mich vorher noch in den einschlägigen Online-Foren auf Boardgamegeek.com schlau gemacht, dann hätte ich mich auch erinnert, dass eine Ermittlerfigur allein in diesem Spiel keine Chance hat. Die Zeit ist einfach zu knapp, als dass eine Figur allein mit ihren zwei Bewegungen und einer Aktion pro Runde das gesamte Spielfeld abklappern könnte…

Einen Hinweis auf dieses grundsätzliche Problem könnte man übrigens auch in einem Regelheft vermuten, hier herrscht jedoch leider Fehlanzeige. (Falls ich das wider Erwarten bei dreimaligem Durchlesen der Regeln doch übersehen habe, lasst mir doch bitte einen Kommentar da! Es würde mich echt interessieren…)

Also gut, die erste Story kam etwas zu kurz. Was es mit dem ominösen Erbe oder dem herumlaufenden Schädel auf seinen Tentakelbeinen auf sich hatte, wurde nicht ganz klar, aber Zombies im Friedhof und im Vorgarten sorgten zumindest für ein grundsätzlich interessantes Spiel.

Nennen wir es einfach ein Testspiel.

Ein Mann allein ist nicht genug, auch wenn er einen Hund dabei hat.

2. Bis dass der Tod uns scheidet (Erweiterung)

Die zweite Partie haben wir dann zu dritt gespielt: Ich als Bewahrer gegen zwei Spieler mit je zwei Ermittlern, also diesmal volle Besetzung! Wir sind schließlich lernfähig.

Spielstart: Noch haben die vier Ermittler bei alle ihre Sinne beisammen…

Auch diesmal war zumindest den Ermittlern lange nicht klar, welches Geheimnis sie eigentlich aufdecken sollten. Dass die Witwe Fenstrom tatsächlich lebende Testpersonen verstümmelte, um Gefährten für ihr monströses Haustier zu erschaffen, war wohl den knappen Kartentexten nicht eindeutig zu entnehmen… (War dieses Haustier ihr verstorbener Ehemann, den sie wieder zum Leben erweckt hatte? Oder habe ich da etwas verwechselt?)

Diese Partie hätten die Ermittler übrigens beinahe für sich entschieden!

Doch als sie am Ende auf die mächtige Witwe stießen (oder war es doch ihr untoter Gatte?), lief auch hier die Zeit davon. Den Kampf hätten die Spieler vielleicht knapp für sich entscheiden können, doch die Sonderfähigkeit des Kultanführers „…Dann heilt das Monster sich vollständig“ erlaubte es dem Gegner, der obendrein schon gefühlt zu viele Lebenspunkte hatte, sich nach einer Reihe kostspieliger Angriffe noch einmal völlig zu regenerieren. Damit war das Spiel entschieden.

Die letzten beiden Runden haben wir dann gar nicht mehr gespielt. Für die Ermittler (zwei von ihnen waren wahnsinnig und fast tot) war es ein frustrierendes Ende. Aber auch für mich als Bewahrer hat sich dieser Ausgang der Geschichte nicht gut angefühlt:

Das war völlig ohne Balance, sinnlos und einfach nur unfair. Auf dieser Art will ich eigentlich nicht gewinnen.

3. Das Verfluchte Institut (Grundspiel Geschichte 4)

Diesmal waren wir wieder zu zweit am Spieltisch: der Bewahrer gegen nun zwei Ermittler.

Spielaufbau: Das verfluchte Institut

Die Ermittler sind das ganze Spiel über brav beisammen geblieben um sich gegenseitig unterstützen zu können. Das war meist gut so, doch es ist ihnen am Ende auch zum Verhängnis geworden.

Ich als Bewahrer hatte nach einigen Runden im Spiel übrigens das Gefühl, selbst überhaupt keine Chance zu haben zu gewinnen: Ich erhielt einfach keine Gelegenheit Monster aufs Feld zu bringen! Und mein Ziel – in diesem Fall einen ominösen „Hund“ irgendwie vom Spielplan zu schaffen – schien unerreichbar: Es gab diesen Hund lange Zeit einfach nicht!

Ich unterbrach an einem Punkt sogar das Spiel, um noch einmal den Aufbau zu überprüfen: Hatte ich da etwas übersehen?!

Aber nein, als die Ermittler etwa im letzten Drittel des Spiels beim Dachboden angekommen waren, durfte ich endlich durch einen Karteneffekt eine Monsterfigur – in dieser Partie der besagte Hund – aufs Spielfeld setzen und mit ihm fliehen.

Dann wiederum war diese Figur so schnell, dass die Ermittler sie auf dem Weg zum Ausgang unmöglich einholen konnten. Vielleicht, wenn sie sich doch aufgeteilt hätten, hätte einer von ihnen dem Hund den Weg abschneiden können. Aber selbst das hätte wahrscheinlich nicht gereicht.

Auch in dieser Partie haben wir die letzten Runden dann gar nicht mehr gespielt, es wären nur noch leere Bewegungen auf dem Spielfeld gewesen.

(Hätte mich die Aufbauanleitung darauf hingewiesen, dass mein Hund erst im späteren Verlauf des Spiels auftauchen würde, es hätte mir viele Nerven erspart. Am Spielergebnis hätte das aber nichts geändert.)

Was heißt das jetzt?

Das Spiel ist in die Jahre gekommen, das ist unübersehbar.

Schon der aufwendige Aufbau ist mühsam: Wenn der Bewahrer auch nur eine einzige Karte auf dem weitläufigen Spielplan falsch auslegt oder ein Raum verkehrt herum ausgelegt wird, kann es sein, dass das ganze Spiel nicht funktioniert und auseinanderfällt.

Selbst Mini-Spiele („Spiel im Spiel“) gibt es bei den Villen! Hier ein Schaltkasten, der eine Tür versperrt…

Außerdem ist das Balancing nicht auf der Höhe der Zeit. Von einem wirklich guten Spiel erwarte ich, dass meine Gegner eine faire Chance haben zu gewinnen, und sei diese noch so gering. Das ist bei den Villen bei weitem nicht immer der Fall. Selbst wenn man es schafft, eine Partie „richtig“ zu spielen, bleibt es für die Ermittler unglaublich schwer Erfolg zu haben.

Aber das spiegelt vielleicht auch nur die Realität von Lovecrafts Universum wieder. Gegen die Mächte des Wahnsinns zu kämpfen, ist nunmal nicht einfach!

Immerhin, die Geschichten sind meist immer noch interessant. Man hat nach ein paar Jahren ohnehin die Handlungsstränge alle wieder vergessen, sodass die Stories erneut gespielt werden können, und vor allem für die Ermittler ist es immer noch spannend, Räume zu erkunden, Geheimnissen auf die Spur zu kommen und gegen innere wie äußere Dämonen anzukämpfen.

Ich persönlich will diesem Spiel nochmal eine Chance geben, vielleicht sogar demnächst! Denn wenn ich wieder zu lange warte, muss ich erst wieder die Regeln lernen, und wie gut das funktioniert, wissen wir ja mittlerweile…

Und ich muss es noch einmal spielen! Denn will einfach nicht glauben, dass die Villen des Wahnsinns ihre Zeit hinter sich haben. Ich bin nun mal hoffnungslos nostalgisch.

Die wunderschön bemalten Figuren des Grundspiels: Danke Tinka!

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